Beitrag 
Pariser Correspondenz.
Seite
504
Einzelbild herunterladen
 

SV4

Barricaden errichtet seien. Wer die Nachricht verbreitete, war natürlich der Maire und sein rechter Arm, der Flurschütz!

Ganz anderer Art waren die Ereignisse nach den engeren Wahlen; hier war beabsichtigter und planmäßiger Aufruhr. Am Montag begann schon die Währung, die Menschenmasse auf dem Boulevard Montmartre historischen Angedenkens war kolossal; ein Zusammenstoß mit der Polizei war unver­meidlich. Am Dienstag wuchs die Bewegung. Am Mittwoch durchzogen schon am hellen Tage Banden von zerlumpten Kerls mit verdächtigen Gesichtern, wie sie nur an solchen Tagen aus den Steinbrüchen und Kalköfen der Umgegend herauskommen, die Arbeiterviertel von Charonne und Belleville, zerschlugen die Gaslaternen, und. was das Merkwürdigste bleibt, vergriffen sich sofort an Privatbesitz. Ein Theil dieser Schaaren war Abends auf den Bou­levards und riß die ungeheure Zahl der anwesenden Neugierigen mit sich; die berittene Municipalgarde räumte, die Straße. Alles wurde weggefegt, nicht ohne daß es einige Verwundungen beiderseits abgab, alle Zugänge wurden abgesperrt. Es gelang mir indeß, durch das Militair hindurch wieder auf den Boulevard zu gelangen, es war ein unheimlicher Anblick; wo sonst so reges Leben herrscht, Todtenstille; alle Häuser geschlossen, die Lichter erloschen, nicht ein Mensch weit und breit zu sehen, nur die Ausgänge der Nebenstraßen durch die Garde besetzt, deren Helme und Gewehre in der Dunkelheit allein schimmerten. Nur von Zeit zu Zeit hörte man dumpfes, verworrenes Geschrei oder laute Commandorufe. Ich war froh, als ich mich wieder im Menschengedränge befand!

Der schlimmste Tag war der Donnerstag: man hatte Nachricht von den Unruhen in Bordeaux, Nantes und St. Etienne erhalten, die Bewegung ver­breitete sich immer weiter. Schon am Morgen waren in den aufgeregten Stadttheilen die Läden geschlossen; immer wieder dieselben Banden versetzten durch ihre Zerstörungen die ganze nordöstliche Seite der Hauptstadt in Schrecken; durch einige Bayonnetangriffe der Infanterie zerstreut, fanden sie sich doch wieder zusammen; eine Weinhandlung und ein öffentliches Haus werden geplündert, an einer Markthalle die Eisenstäbe zerschlagen, und nun zog es nach dem Boulevard. Die Zahl der Neugierigen war wie immer ungeheuer, von Polizei nichts zu sehen; die Aufrührer zerstören die Kiosques. zerschlagen die Gaslaternen, Scheiben, Bänke auf den Trottoirs, von Polizei nichts zu sehen. Eine Schaar von 2030 Gamins zieht brüllend an einer ganzen Compagnie von Polizisten in einer Nebenstraße vorbei, bewaffnet sich mit Brettern und Stangen aus einem der vielen demolirten Häuser und fängt an, auf dem Boulevard einen ganz kleinen, unbedeutenden Anfang zu einer Barricade zu versuchen. Da erst griff das Militair von allen Seiten ein, die Mehrzahl der Zerstörer und Schreier wurde gefangen und abgeführt.