437
Peter II. in das Grab sank, das der 14jährige Knabe sich durch seine Zügel- losigkeit gegraben, traten diese Führer des malcontenten hohen Adels mit ihrem Programm hervor.
Dieses Programm war die Beschränkung der absoluten Zaarengewalt durch einen aus acht hohen Würdenträgern zusammengesetzten „geheimen Rath", ohne dessen Zustimmung kein Geld verausgabt, kein Vertrag geschlossen, keine Beförderung vorgenommen werden sollte. Der sächsische Legationsrath Lefort und Mannstein berichten übereinstimmend, daß man dabei schwedische Einrichtungen zum Muster genommen, und wir wissen bereits, wer das „moäöls 8ur leg Lueäois", das die Russen sich vorgesteckt, mitgebracht hatte — der inzwischen zum Vicepräsidenten des Commerzeollegiums beförderte Kammerrath v. Fick. Ob Fick gerade jene „acht Punkte", die die Kaiserin Anna im Januar 1730 zu Mitau unterschrieb (um sie fünf Wochen später zu zerreißen und ihren Urhebern vor die Füße zu werfen) aufgesetzt hat, wissen wir nicht, und er selbst hat sich gehütet, jemals darüber Aufschluß zu geben, vielmehr über sein Verhalten ein ebenso discretes Schweigen beobachtet, wie über die Untersuchung, welche ihn nach dem Sturz seiner Freunde traf; der erfahrene Hosmann mochte wissen, daß Staatsgeheimnisse dieser Art nicht für das Volk bestimmt seien, in dessen Namen man doch zu handeln vorgab — von seiner directen Betheiligung zeugt Mannstein. Nach dem Sturz der umdenSchwie- gersohn Peters, den Herzog Karl Friedrich von Holstein, gruppirten holsteinfchen Partei, mit der er es Anfangs gehalten, war Fick in das Dolgorukische Lager übergegangen, namentlich mit dem Fürsten Dimitri Michailowitsch Galyzin, einem der Häupter dieser stolzen Oligarchie, in nahe Beziehung getreten und diesem als Rathgeber an die Hand gegangen. Die Zeitgenossen maßen ihm eine wichtige Rolle bei den Plänen zu, die dieser einflußreiche Mann (er war Senator, Geheimer Rath und Bruder des Generalfeldmarschalls) zur Ausführung brachte; der Fürst war nämlich nicht nur einer der Urheber der „acht Punkte", welche die Souverainität Anna's einschränken sollten, sondern er hatte diese Fürstin in Vorschlag gebracht, als über die Besetzung des erledigten Throns verhandelt und Anfangs Katharina Dolgoruki, die Braut des eben verstorbenen Kaisers, als Candidaten aufgestellt worden war. Dann war Galyzin als Vertreter des Senats nach Mitau gereist, um in Gemeinschaft mit Wassili Dolgoruki, dem Deputirten des geheimen hohen Raths und Leontjew, dem Bevollmächtigten der Generalität und Garde, die Herzogin, spätere Kaiserin zur Annahme der ihr gestellten Bedingungen zu bewegen und diese Bedingungen als Ausdruck des Volkswillens zu bezeichnen. Fick — so heißt es in Gadebusch's erwähnter Handschrift — soll darnach gestrebt haben, bei dem geheimen hohen Rath eine „wichtige Person vorzustellen" und zu diesem Zwecke Galyzin „Anschläge gegeben haben, das neue System zu be-