Das Dombcmproject in Berlin.
Nach den Befreiungskriegen entstand in Berlin die Idee, eine große Votivkirche zu bauen zum Andenken und zum Danke für die großen Siege der vaterländischen Waffen. Schinkel entwarf damals den Plan einer gewaltigen gothischen Kreuzkirche, welche vor dem Potsdamer Thor auf erhöhter Basis errichtet werden sollte. Die Idee kam nicht zur Ausführung und wurde von Friedrich Wilhelm IV. wieder aufgenommen, der zwar für keine Siege zu danken hatte, aber durch ein großes kirchliches Monument bezeugen wollte, daß das irdische Königthum sich vor dem göttlichen beugen solle und wolle. Demgemäß entwarf nach seinen Angaben Stüler den Plan eines Umbaus des Berliner Doms, der zu einem mächtigen Kuppelbau umgeschaffen werden sollte, neben welchem Schloß, Museum, Akademie u. s. w. vollständig verschwanden. Es wurde auch wirklich Hand ans Werk gelegt und mit einem Aufwand von 317,000 Thlr. die Fundamente des Domes und des Oampo Santo, welches sich hieran schließen sollte, in die Spree gebaut; indeß die Revolution von 1848 ließ das ganze Werk in Stocken gerathen. Nach dem siegreichen Feldzug von 1866 dachte König Wilhelm daran, das Project seines Bruders auszuführen, und auf besonderen Betrieb der Gemahlin des Cultusministers. Frau von Mühler, wurde eine Concurrenz hierfür ausgeschrieben. Die Pläne, welche in Folge dessen eingingen, waren in diesem Frühjahr ausgestellt und eine Commission zur Begutachtung eingesetzt, welche dem König ihren Bericht erstattet hat. Glücklicherweise lief derselbe zunächst auf eine nochmalige neue Concurrenzausschrei- bung mit mehr präcisirtem Programm hinaus und außerdem wird das gegenwärtige Deficit wohl verhindern, daß der Staat sich mit einem derartigen gewaltigen Unternehmen befasse.
Wir sagen glücklicherweise, weil wir die ganze Idee für verfehlt halten. Alle jene Projecte nämlich, in welchem Style sie auch sein mögen, gehen darauf aus, einen großen evangelischen Dom zu bauen, der das Bedürfniß des protestantischen Gottesdienstes gänzlich ignorirt. Die romanischen und Grenzboten II. 1,809. 46