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Eine Erinnerung an Dresdens literarische Vergangenheit.
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bergsvater der damaligen Dresdener Literaten war Theodor Hell, der Hofrath Winkler, ein bei der Dresdener Bühne und in der Kunstakademie beschäftigter, umsichtiger und coulanter Beamter vom besten Rufe, von großer uneigennütziger Gefälligkeit, ausgezeichneter Arbeitskraft und geselliger Lie­benswürdigkeit, der Heber und Leger beim Liederkreise wie bet derAbend­zeitung". Nur war er trotz seiner vielen formgewandten Verse ernsten und heiteren Inhalts kein Dichter und ohne Kraft und Energie, so daß er in der Literatur nur für das Neue empfänglich blieb, was nicht über das Niveau der alltäglichen Trivialität hervorragte, und trotz seiner Stil­gewandtheit dem Geschmacklosesten leichtfertig zugänglich wurde. Neben ihm wirkten in dem Liederkreise außer dem Mitgründer derAbendzeitung" Fr. Kind, der aber theilweise seine eigenen Wege ging, als ernste lyrische Dichter Arthur von Nordstern (Minister Nostiz und Jänkendorf). der viel beschäftigte Rechtsanwalt Fr. Kühn. Prof. K. Förster. Legationsrath Breuer, der Advocat und spätere Censor Ed. Gehe, der sich sogar bis zum Drama verstieg, der Archäolog Böttiger u. a. m. Daneben auch einige Frauen­zimmer, ehrbare Hausfrauen, wohl meist als passive Theilnehmerinnen. Die genannten Dichter sind als solche sämmtlich vergessen. Neben dem feinsinni­gen Förster, dem Uebersetzer des Petrarca, hatte jedenfalls der vielseitig ge­bildete Breuer, ein junger Staatsbeamter von weitem, feinem Blick, relativ die meiste Begabung; seine Poesien wurden nach seinem frühzeitigen Tode nur als Manuscript für Freunde gedruckt. Das größte Original in diesem Kreise war Hofrath Böttiger, der wohlgenährte, meist mit geschlossenen Augen schmunzelnde, lobselige, doch nicht uneigennützige Protector guter und schlechter Literaten und Künstler, welcher leider sein bedeutendes Talent und seine noch viel bedeutendere Gelehrsamkeit in allerlei, manchmal recht anmuthigen, Nippes durch Wort und Schrift so verzettelte, daß den jetzigen Archäologen auch in seinen wissenschaftlichen Productionen neben dem aufgespeicherten Material nur noch Einzelnes als brauchbar erscheint. Aber auch Verse machte er. besonders lateinische Gelegenheitsgedichte mit metrischer Uebersetzung, oft von seltsamer Naivetät, wie er denn ein sittsames Mädchen, die Tochter eines befreundeten Staatsbeamten, welche die Kind>>r einer Verwandten ge­pflegt hatte, in dem öffentlich gedruckten Hochzeitsgedichte ohne weitere Auf­klärung mit den Worten pries:Du weißt, was Kinder sind."

Das Hauptorgan dieses literarischen Vereins war die erwähnteAbend­zeitung", dieVespertina", wie sie von den Betheiligten öfters mit großem Selbstgefühl genannt wurde, von der jeden Wochentag ein Quartbogen er­schien. Auch hier fällt der Anfang unter Anregung Fr. Laun's. der nachher bald Dresden verließ, in das Jahr 1803. doch die Kriegsunruhen vernichte­ten schon im zweiten Jahre dieses Unternehmen des jungen strebsamen Buch-