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so großen Gewinns? Niemand wußte es, die Wenigsten hätten sagen können, wie sie sich eigentlich die Wirksamkeit der Creditanstalt vorstellten. Die Blätter sagten, daß die Anstalt ungeheure Geschäfte machen müsse, und das war genug. Wer einige Gulden übrig hatte, eilte sie in diesem unvergleich. lichen Papier anzulegen. Den Sinn für Gewinn solcher Art zu wecken, dafür hatte ja der Staat durch seine verlosbaren Anlehen und durch die massenhaften „Cavalier-Anlehen" längst gesorgt. Nun speculirte Jedermann in „Credit". Der Rückschlag konnte nicht fehlen. Heute gaben die Organe der Presse einem Abonnenten auf die Frage, ob es nicht Zeit sei, die Actien wieder zu verkaufen, welche ungefähr 380 für 200 standen, noch zur Antwort, er möge warten, bis das Agio auf 200 Procent gestiegen sei, und morgen fingen sie an, ihren Lesern reinen Wein einzuschenken. Der Sturz ging noch etwas geschwinder vor sich, als der Aufschwung und riß den Wohlstand Unzähliger mit sich. Die Lehre war empfindlich, aber — dachten wir damals — sie wird eine Warnung bleiben für die Zukunft.
Frommer Wahn! Der Schwindel von 1856 wiederholt sich verzehnfacht, verhundertfacht 1869. Von der früheren Periode kann ich als Augenzeuge berichten; ob diesmal auch wieder die „kleinen Kapitalisten" sich auf der Gasse „angestellt" haben, um ihre sauer ersparten Papiergulden für die Actien einer noch auf dem Papier existirenden Bank hinzugeben, weiß ich nicht. Doch in dieser Beziehung unverdächtige Zeugen, die Wiener Zeitungen, erzählen uns selbst, daß im Bankjahre der Taumel viel toller, viel sinnloser sei. als im Creditjahre. Und sie erzählen uns auch, daß der journalistische Schwindel von damals eine wahre Kinderei gewesen ist gegen den dermaligen. Längst war es kein Geheimniß mehr, daß bei allen großen Jndustrieunternehmungen die „Gründungskosten" sich von Jahr zu Jahr in riesigen Dimensionen steigern, weil „die öffentliche Meinung" immer kostspieliger wird; und zu entbehren ist diese nun einmal nicht, am wenigsten bei den Eisenbahnen, welche nicht allein Abnehmer für ihre Actien, sondern auch noch vom Staate Zinsgarantien haben wollen. Der Blätter werden immer mehr und ein feindlich gesinntes kann mehr schaden als zehn befreundete nützen. Die Unternehmer möchten sich daher mit einem jeden gut zu stellen suchen, und die fortgeschrittenen, ihres Einflusses sich bewußten Journale, sollen sich auf die doch nie ganz sicheren Chancen der Coursdifferenz längst nicht mehr einlassen, sondern ihr Fürwort oder ihr — Schweigen als „volle Bezahlung" anrechnen. Sind aber die Eigenthümer und Leiter befriedigt, so melden sich die Mitarbeiter der volkswirthschaftlichen Rubrik, die Correspondenten auswärtiger Zeitungen u. s. w. Die Acten einiger gescheiterten Unternehmungen haben ganz erbauliche Daten über den Umfang dieser „Betheilungen" ans Licht gefördert, und auch ohne dieselben mußten dem aufmerksamen Zeitungsleser diese Ver<
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