48
höchsten Wesen frivole, ja geradezu unanständige Reden in den Mund zu legen, wie das in den unterdrückten Steljen des Gedichts geschieht, muß bei einem Geistlichen befremden. Aehnliche Erscheinungen in volksthümlichen Schelmenliedern oder Bühnenaufführungen sind damit gar nicht auf eine Stufe zu stellen. — Uebrigens war diese Art, sich in persönlichem Verkehr mit Gott und den Heiligen darzustellen, bei unserem Dichter besonders beliebt. Ein Lied, welches nach einer längeren Unterbrechung seiner Wanderungen im Kloster Montaudon entstanden zu sein scheint, beginnt in folgender Art:
Jüngst kam ich im Himmel an. Traun mit Lust erfüllt mich dies, Denn mich mild willkommen hieß Gott, dem Alles Unterthan, Meer und Land und Bergeskronen. „Weshalb nahst du meinem Thron Und wie geht's in Montaudon, Wo dir viel Gefährten wohnen?"
Im weiteren Verlause legt der Dichter geschickt Gott selbst die Ausforderung in den Mund, das Kloster wieder zu verlassen und singend durch die Welt zu ziehen, „denn", spricht der Herr, „mir ist lieber, wenn du lachst und singst, die Welt wird fröhlicher und Montaudon zieht Nutzen davon." — Wenn unser Dichter, wie wir gesehen, gegen alle Regeln der Courtoisie die Frauen mit seinem Spotte traf, so ist es begreiflich, daß er gegen sein eigenes Geschlecht und insbesondere gegen seine Kunstgenossen nicht mehr Rücksicht übte. Ein von ihm erhaltenes Sirventes ergeht sich über eine große Anzahl der beliebtesten gleichzeitigen Trobadors in den schonungslosesten Ausdrücken. Als Vorbild zu seinem Sirventes diente dem Mönch von Montaudon ein ähnliches Gedicht des Trobadors Peire von Auvergne, worin dieser beliebte Dichter den collegialischen Gesinnungen gegen zwölf seiner Kunstgenossen Luft macht. Mehrere der von Peire Gemißhandelten sind uns gänzlich unbekannt, doch scheinen alle zu ihrer Zeit bedeutenden Ruhmes genossen zu haben.
Die Art der Polemik zu kennzeichnen, möge der Inhalt einiger Strophen Peire's hier folgen: „Guiraut de Borneil gleicht einem trockenen Tuche in der Sonne mit seinem dünnen erbärmlichen Singen, welches wie das einer alten Eimerträgerin klingt. Wenn er sich selbst im Spiegel sähe, würde er sich keiner Hagebutte werthschätzen." Bernart von Ventadour, dem süßen Sänger der Liebe, wird seine niedere Herkunft vorgeworfen. Er ist — heißt es — noch um ein Stück kleiner wie Guiraut de Borneil. In seinem Vater hat er einen wackeren Knecht beim Bogenschießen, und seine Mutter heizte den Ofen und sammelte Reisig. In dieser Weise geifert und schimpft