Beitrag 
Die Garnison von Hildburghausen jetzt und vor hundert Jahren.
Seite
35
Einzelbild herunterladen
 

35

liegendes interessantes Schriftchen neueren Datums von Dr. KiusZur Ge­schichte des vormaligen Herzogtums Hildburghausen, Programm der Real­schule zu Weimar" sowie die alte hildburghauser Chronik von Werner Krauß laden uns, die wir uns an dem strammen Wesen unserer norddeutschen Bundestruppen erfreuen, unwillkürlich zu einem Vergleich mit den militairi- schen Zuständen in dem Hildburghausen des vorigen Jahrhunderts ein.

Das Herzogthum Hildburghausen wurde durch den gothaer Theilungs­vertrag von 1680 neugeschaffen, als Erbe eines der sieben Söhne Ernst des Frommen, der ebenfalls Ernst hieß; es umfaßte nur 10 Quadrat-Meilen und 25,000 Einwohner. Im schreiendsten Mißverhältnisse zu diesen Zahlen schuf die französisch gezogene Prachtliebe und Großherrensucht der Herzoge Ernst Friedrich I. und II. nicht weniger als 30 Hofämter, worunter 2 Hofmar- schälle, 20 Kammerjunker, 14 Hofräthe, 4 Oberlandjägermeister. 3 Forstmei­ster, 7 Leibmedici und 1 Reisemedicus; ferner gab es Geheime Räthe, Kriegs­räthe, Oberlandbaumeister und Oberbaudirectoren, Handelskammer-, Hof- uud Kammerconsulenten. Salzdirectoren :c. Die Militärmacht bestand nur aus einigen hundert Mann, war aber eingetheilt in 1 Comp. Garde du Corps, 1 Gardegrenadierbataillon, 1 Landregiment und 1 Artilleriecorps in schöner himmelblau und rosenrother Montur und wurde befehligt von 6 Obersten, 5 Obristlieutenants, 7 Obristwachtmeistern und Majors, 1 Rittmeister, 13 Hauptleuten, 6 Lieutenants und 1 Fähndrich. Noch toller wurde diese Chargenwirthschaft unter Ernst Friedrich III. (174880). Seine Gutmüthig­keit wurde von einer Art vacirendem und heruntergekommenem Adel, der sich am hildburghauser Hof wieder emporschmarotzte, gröblich gemißbraucht; un­sere Stadt wurde ein Sammelplatz für alle Krippenreuter und Aventuriers in Thüringen und Franken. Diese und eine thörichte Prachtliebe des Her­zogs führten zum vollständigen Bankerott.

Dem von Kius citirten Tagebuche eines alten Soldaten, der sich in aller Herren Ländern herumgetrieben, entnehmen wir Folgendes: Im Jahre 1750 sollten, nachdem mit Ausnahme des Landregiments die alten Truppen­theile ausgelöst worden waren, durch einenvacirenden" General Namens Werder neue Regimenter errichtet werden, dazu wurden Ofsiciere verschrieben und Chargen für Geld ausgetheilt. Nach vielen Unkosten brachte man end­lich ein Bataillon Garde zusammen von 4050 Mann (!) und doch war dies halbe Hundert in 4 Compagnien getheilt, und hatte 4 Capitains, ^Lieutenants, einen Obristlieutenant, 1 Major, 1 Auditeur, 1 Regiments- feldscheer, 8 Hautboisten, 6 Tambours, 1 Regimentstambour, 2 Pfeifer und 1 Profos, kurz Alles, nur keine Soldaten! Als der siebenjährige Krieg be­gann, mußte zu dem Bataillon geworben werden, um eine Compagnie daraus zu machen, welche der Herzog, 140 Mann stark, zur Reichsarmee

5^