ist es durch seine Kathedrale St. Maria nuova. von dem Normannenkönige Wilhelm II. dem Guten, im Anfange der siebenziger Jahre des zwölften Jahrhunderts erbaut. Nichts dient so sehr den überlieferten Schulbegriffen eine heilsame Elasticität zu geben und die Strenge der Classificationen zu mildern, als der Anblick dieser Kirche, in welcher alle Stilarten in einander spielen, um schließlich doch ein Ganzes von mächtigster Wirkung hervorzubringen.
Auf dem Rückwege von Monreale besuchten wir — um das Gegenstück der neapolitanischen kennen zu lernen — die berühmten Katakomben des Kapuzinerklosters. Der Frate führte uns. ohne nach unserem Begehr zu fragen, sogleich schweigend in die Todtenkeller hinab: lange gewölbte Gänge, die von ihren Enden her reichliches Oberlicht erhalten und vollkommen trocken sind. In welche Versammlung tritt man da ein! Nicht nur daß Särge über Särge, oft mit Glaswänden versehen, rechts und links aufgeschichtet sind, sondern an den Wänden stehen dicht gedrängt in langen Reihen, durch Stricke an der Wand festgehalten, die bleichen mumificirten Körper der Verstorbenen, meist in ein braunes kuttenartiges Gewand gehüllt. Bei Vielen tritt der bloße Knochen heraus, bei Vielen aber hat sich die Haut pergamentartig erhalten und das Auge ist geschlossen geblieben. An ihren Kleidern ist wohl ein Zettel angeheftet, der Namen und Todestag nennt: Männer, die vor anderthalb Jahren noch frisch und kräftig das Leben genossen, lachten und scherzten, hängen nun hier mit grinsendem Gesicht, zu dieser jammervoll dürftigen Gestalt verkümmert. Durch die Reihen von 8000 Todten wandelt man dahin, der älteste ist aus dem Jahre 1624, wenn ich nicht irre. Die Abtheilung der Frauen ist von der der Männer abgesondert; sie liegen alle in Särgen, aber meist durch Glasscheiben sichtbar; die Jungfrauen tragen eine Krone auf dem Haupte. Kinder sah ich einbalsamirt mit künstlichen Augen und dieser Anblick des widerwärtigsten Versuchs der Selbsttäuschung bewegt am meisten.
Ein besonderer Gang enthält die Geistlichen. Da lagert ein Concilium aus allen Graden, von jedem Lebensalter und sie predigen einmüthig außer der Vergänglichkeit alles Irdischen noch über einen Text, der ihnen im Leben verboten war: daß man die kurze Spanne des Lebens nicht liebeleer soll verstreichen lassen. Denn am Allerseelentgge stehen sie da in trostloser Einsamkeit; höchstens kommt dann und wann ein altes Mütterchen, den armen Jungen da oben in seiner Priestermütze zu grüßen. Ein paar muntere Katzen machten sich um die einsamen Priester zu schaffen; ein behagliches Thierchen sprang über den Schädel eines Canonikus weg, einem armen Capellan auf die Schulter, beschnupperte seine Nase und schnurrte ihn freundlich an. Er hing da noch nicht gar lange. Ob Katzen auch zuweilen solche Empfindungen von Treue haben wie die Hunde? Im Vorübergehen griff der Frate einem