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Leipziger Studentenleben im vorigen Jahrhundert : (1780-1782).
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bürg sich bis zum 7, Grade in die Höhe gearbeitet oder vielmehr einge­kauft hatte.

Unsere von ihm gestiftete Uniform war scharlachroth mit grünsammt- nem Kragen und großen blanken Stahlknöpfen darin wurde Sonntags ge­gangen, gefahren und geritten und so die Aufmerksamkeit der Stadt erregt. Der Prorector machte ihm Vorstellungen hierüber, aber er wußte sich damit auszureden, daß der Zufall einer übereinstimmenden Liebhaberei zu einer Farbe nicht für eine intentirte Auszeichnung anzunehmen wäre. Man konnte uns nicht so recht beikommen, so lange Sievers als Senior seinen rothen Rock in Schutz nahm, bis es dem erwähnten Professor Platner gelang uns auf eine ganz eigene Weise von dieser Kleidung abzubringen. Er berief uns einstmals zu einer außerordentlichen Vorlesung. Wir trafen in seinem schö­nen mit Büsten und Kunstsachen decorirten Hörsaal ein; wir wunderten uns darüber, daß nur wir Landsleute die Gesellschaft ausmachten, noch mehr aber, als er uns in seiner beredten und anziehenden Sprache einen Vortrag über die Dankbarkeit hielt, und damit schloß, daß es unsern Gesinnungen eine außerordentliche Ehre machen würde, wenn wir arme Studenten mit unsern rothen Röcken beschenken würden. Seine Zuhörer und Bewunderer, Sievers an der Spitze, willigten ein; ein Pedell kam den andern Morgen und die Meisten gaben ihre rvthen Röcke den Armen. So wußte Platner uns das Ansehen zu lassen, freiwillig eine Wohlthat geübt, einer Forderung nicht nach­gegeben zu haben, die doch in der guten Ordnung gegründet war.

Uebrigens war Platner ein Melanchthon im Aeußern, ein Plato im Re­den und sein Hörsaal ein festlicher Philosophentempel, in welchem er wegen seiner Beredtsamkeit von durchreisenden Vornehmen und Fremden sehr besucht wurde. Besonders fand seine Moral mit ihrer Glückseligkeitslehre damals vielen Beifall. Den Stolz in jedem Stande stellte er sehr treffend und bil­derreich vor, auch den gelehrten Stolz ganz unparteiisch, der ihm selbst sehr anklebte. Sein Streit mit Wezel erregte damals viel Aufmerksamkeit. Letz­terer hatte einmal sich geäußert, daß in der Theodicee des großen Leibnitz, den unser Platner vergötterte, das Raisonnement wie ein Nachen auf dem großen Meere der Gelehrsamkeit umhergetrieben würde, wodurch er auf die vielen Citate dieses großen Philosophen zielte. Dieses war Platnern wieder erzählt worden, der jene Censur über seinen Helden nicht vertragen konnte und daher in einer öffentlichen Vorlesung über Wezeln sich ausließ, wie dieser es sich habe können einfallen lassen, Leibnitz zu beurtheilen. Dieses kam dem Wezel wieder zu Ohren, und nun ließ Letzterer ein Epi­gramm wider Platner mit der UeberschriftDoctor Pumpelmoos" drucken, indem er ihn mit dieser hohlen Frucht verglich. Platner schrieb einen ganzen Bogen dagegen; Wezel aber drohte ihn mit sammt seinen moralischen Apho-