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Vom linken Mainufer : das Zollparlament und seine Gegner.
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der Graf Bismarck dieselben behandelte. Zwar die Lektion, die er ihnen ertheilte, daß sie sich und ihre Bedeutung unendlich überschätzten, war eine wohlverdiente, obgleich die Majorität diese Selbstüberschätznng hatte groß­ziehen helfen. Allein es handelt sich wohl nicht um die Persönlichkeit derer, die eben jetzt auf den Parlamentsstühlen sitzen, sondern um dauernde staat­liche Einrichtungen, welche Süd- und Norddeutschland verbinden sollen. Wenn Graf Bismarck sagt, er sei für eine solche viel weniger,empressirt, als man meine, so kann dies nur seine Gegner in Süddeutschland stärken. Soll Preußen die hervorragende Rolle wirklich verdienen, die es sür sich in Anspruch genommen hat, so dürfen seine Staatsmänner sich nicht als specifisch preußi- sche oder Norddeutsche fühlen. Sie müssen die nationalen Interessen des Gesammtlandes vertreten, auf ihren Schultern ruht die Verantwortlichkeit für das Schicksal des Südens gerade so gut wie für das des Nordens, und mit ein paar scharfen Worten kann man sich nicht davon loskaufen.

Was der diesjährigen Session gefehlt hat, das war der kühne und feste Tritt, mit dem die Majorität auf klar erkannte Ziele zuschreitet. Es war die Unterstützung und der Einklang mit dem Staatmann, dem die Execution in der deutschen Frage nicht blos von dem König von Preußen, sondern auch von der Majorität der deutschen Nation übertragen ist! Es war eine Art von revolutionärem Hauch, der durch die Versammlung gehen mußte. Denn wer altes umstürzen und was neues gründen will, der braucht vor allem Bewegung. Alles das kann aber die nächste Session des Zollparla­mentes bieten. Was wir bis dahin thun können, ist, uns allen Versuchen, Werth und Bedeutung des Zollparlaments für unsere nationale Entwicke­lung herabzuziehen, nach Kräften zu widersetzen.

Der dritte deutsche Protestantentag.

Bremen war nicht die erste Stadt, in welcher der 1863 zu Frankfurt «m Main vorzugsweise von Badensern gegründete deutsche Protestanten­verein, nachdem er seinen ersten Tag 1866 in Eisenach gehalten hatte, eigent­lichen norddeutschen Boden zu erreichen hoffte. Für die zweite Versammlung M Pfingsten 1866 war Hannover in Aussicht genommen, wo damals der Katechismussturm von 1862 und die constituirende Landessynode von 1863 noch fühlbar nachzuckten. Aber der Krieg kam dazwischen, und als er vor­über war, hatte Hannover aufgehört, ein günstiger örtlicher Boden für die