Beitrag 
Die gefälschten böhmischen Gedichte.
Seite
273
Einzelbild herunterladen
 

273

u. A. durch Büdinger, den Böhmen Feifalik und Wattenbach unwiderleglich bewiesen. Es ist wohl möglich, daß zu anderer, namentlich der lyrischen Fälschung Worte und Gedanken älterer böhmischer Kunstgedichte benutzt wurden, deren Handschrift nach der Benutzung vernichtet ward, damit zu Königinhof die Gesellschaft des verhältnißmäßig echten das völlig Erfundene sichere. Die unehrliche Weise, in welcher Bibliothekbeamte zu Prag in jenen Jahren mit ihren anvertrauten Pergamenten verfuhren, legt dergleichen Annahme nahe. Es würde auch lohnen, die Blätter und Streifen der Königinhofer Handschrift einmal an die verstümmelten Pergamentlagen jener verschnittenen Handschriften zu halten. Wenn übrigens jetzt in Prag behauptet wird, daß der verstorbene Bibliothekar Hank« nicht klug genug gewesen sei, die alte Sprache nachzuahmen, so soll daran erinnert werden, daß zu seiner Zeit die literarischen Czechen mit unbefangener Offenheit von einem Verfasser sprachen, der den Hanka zur Verbreitung seiner humoristischen, Erfindungen benutzte.

Die zweite Woche des ZollMrlaments.

Berlin, 12. Mai. Der Ausgang der am 7. Mai gepflogenen Adreßdebatte hat scheinbar

. ihren Urhebern Unrecht gegeben. Es ist nicht durch Parlamentsbeschluß förm­lich bekräftigt worden, daß das Verlangen der Nation nach voller und gan­zer politischer Einheit fortbestehe; das Recht des Zollparlaments, sich in Adressen an das königliche Haupt des Zollbundes über allgemeine nationale Anliegen zu äußern, hat nicht die Sicherung eines ersten Präcedenzfalls er­halten; die Verhandlung endlich hat weder zu einer Auflösung noch auch nur zu einer Lockerung des unnatürlichen Bandes geführt, welches die preußische conservative Partei mit den preußenscheuen Particularisten Süddeutschlands augenblicklich umschlingt. Allein als Metz (mit der Mehrheit der hessischen Abge­ordneten) und Bluntschli (mit der Mehrheit der badischen) bei der nationallibe­ralen Partei ihren Antrag einbrachten, war dies alles eben nicht vorherzu-

, sehen. Es war auch noch nicht vorherzusehen, als die nationale Partei beschloß, auf die Sache einzugehen. Wenn nicht gerade Graf Bismarck selbst, so hatten doch die nächststehenden Gehilfen desselben auf an sie gerichtete Anfragen, ob eine Adreßverhandlung willkommen sei, keineswegs entmuthigend geantwor­tet. Noch aus der letzten Sitzung der Fractionsvorstände am Mittwoch gingen die Unterhändler der conservativen Partei mit Aeußerungen weg, welche nicht Grenzboten II. 1868. 3S