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Die norddeutschen Kriegshäfen : 1. Kriegshafen und Marinestation.
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Die norddeutschen Kriegshäfen.

1. Kriegshafen und Marinestation.

Bisher ist das Material an Schiffen, welches die Kriegsflotte des nord­deutschen Bundes besitzt, Gegenstand unserer Betrachtungen gewesen. Zur Wirksamkeit dieser Flotte ist aber das Schiffsmaterial nicht das einzige Er- sorderniß: es gehört dazu auch eine tüchtige, seegewohnte und gehörig geübte Bemannung, ebenso sind nöthig Stationen und Häfen, zu sicherer Aufnahme, zu Reparaturen, Ausrüstung und Neubau der Kriegsflotte.

Den angegebenen Zwecken vollständig zu genügen vermag nur ein eigent­licher Kriegshafen; da es aber außer dem Bereich der Möglichkeit liegt, an allen Punkten unserer Küste Kriegshafen anzulegen, wo solche von Nutzen sein könnten, so wird man sich begnügen müssen, an minder wichtigen Punkten nur Marinestationen oder Marinedepots einzurichten, Stationen, welche unsern Kriegsschiffen einen wettersicheren*) und vor dem Feinde durch einige Batterien gedeckten Ankerplatz, sowie die Möglichkeit gewähren, kleinere Reparaturen an Ort nnd Stelle auszuführen und außerdem die etwa ausgegangenen Vorräthe an Proviant, Munition und die heutzutage für den Seekrieg so wichtigen Kohlen schnell ersetzen zu können. Die Marine­stationen dieser Art, als Nebenetablissements der eigentlichen Kriegshäfen, sind nicht zu verwechseln mit der officiellen preußischen BenennungMarine­station" für die beiden Centralstellen der Marinecommandos in Nord- und Ostsee, von welchen bis jetzt erst die letztere in Wirksamkeit getreten ist.

Eigentliche Kriegshäsen dagegen müssen nicht blos für temporären Schutz und leichtere Ausbesserungen der Schiffe genügen, sondern sie müssen voll­ständige Reparaturen zulassen, für den Ersatz verlorener Schiffe durch Neu­bauten alle nöthigen Einrichtungen enthalten, und Raum für Aufnahme, Magazine für Ausrüstung der ganzen Flotte gewähren, der sie ebenso wie allen Vorräthen und Werkstätten, nicht blos gegen jeden Angriff von der See, sondern auch gegen Belagerungen von der Landseite völlige Sicherung bieten sollen. Endlich muß der Kriegshafen mit seiner Rhede der aus­laufenden Flotte auch genügenden Raum und genügende Deckung bei den taktischen Manövern gewähren. Um allen diesen Zwecken zu genügen, muß

") Diese Marinestationen erfüllen somit denselben Zweck wie die englischen Sichcrheits- häfen oder Nothhcifcn, welche namentlich in neuerer Zeit zahlreich angelegt und meist da­durch hergestellt worden sind, daß man eine Meeresbucht, welche auch bei Ebbe genügende Tiefe bot, durch Bau einer massiven Steinmole schloß und in derselben nur eine kleine Lücke für Ein- und Ausfahrt ließ. Diese Sicherheitshäfen unterscheiden sich von den Handelshäfen besonders dadurch, daß sie nicht zum Ein- und Ausladen bestimmt sind.