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Privat gymnasien, welche keine staatsgültigen Zeugnisse ausstellen können und ihre Schüler an öffentlichen Anstalten pro maturiwtö prüfen lassen müssen, nach den angeführten Gesichtspuncten zweierlei öffentliche Gymnasien, nämlich solche, welche ausschließlich oder wenigstens zur Hälfte aus öffentlichen Fonds unterhalten werden (Staatsgymnasien), und solche, welche von Bischöfen oder geistlichen Corporationen unterhalten und besetzt werden (geistliche Gymnasien).
Die Zahl der Staatsgymnasien in sämmtlichen Kronländern Oestreichs, mit Ausnahme von Ungarn, Croatien, Slavonien, Siebenbürgen und der Militärgrenze, stieg auf diese Weise bis zum Jahre 1851 aus 49 (44 mit 8 Classen; 3 mit weniger); in den Händen geistlicher Orden aber blieben noch 42 (28 mit 8 Classen), von welchen 17 die Piaristen, 10 die Benedic- tiner, 3 die Franziscaner, je 3 die Prämonstratenser und Jesuiten, je 2 die Cistereienser und Augustiner besetzen. Fast bei der Hälfte aller öffentlichen Gymnasien versehen mithin die geistlichen Orden ohne jegliche Intervention des Staates alle Lehrerstellen. Nur sollten die ordentlichen Lehrer vom Ministerium bestätigt werden und den vom Staate verlangten Nachweis ihrer Lehrbefähigung durch die Lehramtsprüfung gleich den vom Staate an seinen Gymnasien angestellten Lehrern geliefert haben. Faßt man die Anzahl der Lehrer ins Auge, so ist sogar ein Uebergewicht der Geistlichkeit vorhanden, was Ach leicht daraus erklärt, daß auch an vielen Staatsgymnasien, abgesehen von den Religionslehrern, Ordens- oder Weltgeistliche Unterricht ertheilen. Sechszig Procent aller Lehrer an öffentlichen Gymnasien waren 1851 Geistliche und noch gegenwärtig befinden sich unter den achthundert Lehrern 418 Geistliche, unter den 92 Direetoren 56 Geistliche, ein Gesammtverhältniß, welches sich ganz eigenthümlich auf die einzelnen Kronländer vertheilt. So waren 1857 von allen Lehrern in Kärnthen 79 Procent, in Oberöstreich und Tirol 77 Procent, in Oestreich unter der Ens 63 Proeent Geistliche. Es hatten daher die geistlichen Orden wohl ebensowenig gegründete Ursache, über Verkürzung zu klagen, als man überhaupt irgendwie berechtigt wäre, dem Ministerium Thun den Vorwurf zu machen, daß es der katholischen Kirche entgegen getreten wäre. Hatte man ja doch nicht etwa blos, was sich von selbst verstand, die Beurtheilung der Befähigung des Religionslehrers allein den Bischöfen überlassen, sondern auch bereitwillig zugestanden, daß sie, jeder nach seinem Dafürhalten, den Religionsunterricht einführten.
Gleichwohl stieß die neue Organisation gerade auf kirchlicher Seite auf den ersten und heftigsten Widerstand, der so lange fortdauerte, bis endlich 1854, wo fast alle aus Staatsmitteln unterhaltenen Gymnasien sowie die meisten Geistlichen nach dem neuen Plane sich bewährt hatte, der Organisationsent-
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