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mit dem vorgehaltenen Mantel voransteht. Dadurch sehen wir. daß dieselbe ebenfalls ein Schwert in der gesenkten Rechten hielt, auch ist hier zu erkennen, daß sie bärtig, die andere jugendlich ist. Daß trotz der Umkehrung die Uebereinstimmung mit der Münze eine ganz genaue ist, beweist um so sicherer, daß beide Copien desselben einst in Athen befindlichen Originals sind. Stackelberg, welcher den Sessel fand und bekannt machte, wies auch dies Original nach. Die Athener hatten die hochgefeierten Tyrannenmörder auch dadurch geehrt, daß sie ihnen zuerst, und lange Zeit allein, auf dem Markt nahe beim Aufgang zur Burg eherne Statuen errichteten, welche ein sonst nicht bekannter Künstler Antenor verfertigt hatte. Xerxes entführte dieselben nach der Einnahme Athens als Siegesbeute (480 v. Chr.). Kaum war der Erbfeind aus dem Lande vertrieben, so ließen die Athener durch zwei namhafte Künstler, die viel mit einander arbeiteten, Kritios und Nesiotes, von neuem die Tyrannenmörder darstellen und brachten sie an den alten Platz. Es ist wohl anzunehmen, daß eine Restitution der früheren Gruppe nach ihrer wesentlichen Erscheinung die den Künstlern gestellte Aufgabe war, mochte man ihnen auch bei der Ausführung manche Freiheit gestatten. Als nach Alexanders Eroberungszug die alte Gruppe den Athenern zurückgegeben wurde, stellte man sie neben der jüngeren wieder auf; so bei einander sah sie Pausanias. Daß auf der Münze und dem Relief die Gruppe der Tyrannenmörder wiedergegeben sei, ist ohne weiteres klar. Ganz übereinstimmend mit den Berichten stürmt der jugendlich blühende Harmodius zum Angriff voran, während Aristogiton, der ältere Freund, den Liebling zu schützen besorgt . ist; daß es sich um ein Werk der älteren Kunst handelt, zeigt schon der strenge Parallelismus der neben einander gestellten Gestalten. Es stände gut um die alte Kunstgeschichte, wenn von recht vielen berühmten Werken nur eine so deutliche authentische Vorstellung zu gewinnen wäre. Allein hier hat diese Anschauung den Weg zu vollständigerer Erkenntniß gegeben. Aus der farnestschen Sammlung sind zwei Marmorstatuen ins Museum von Neapel gekommen, welche schon Winckelmann als schöne Werke der noch etwas alterthümlichen Kunst auszeichnete, denen er unter den römischen Seulpruren einen hohen Rang anwies. Sie sind der Auffassung und Kenntniß der älteren Nestauratoren gemäß als miteinander kämpfende Fechter restaurirt und gegen einander gestellt. Friederichs sah, daß, wenn man die restaurirten Theile entfernt und die beiden Männer nebeneinander stellt, eine so vollkommene Uebereinstimmung mit der Münze und dem Relief heraustritt, daß man hier nun auch statuarische Nachbildungen der athenischen Gruppe zu erkennen hat, die natürlich vom Stil und der Formbehandlung erst eine bestimmtere Vorstellung geben. Nicht mehr allein die parallele Gruppirung, die wenig ausdrucksvollen, noch nicht zur Schönheit ausgebildeten Gesichts-