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Literatur
Deutschland im 18. Jahrhundert, von Karl Biedermann. 2. Band. 2. Theil. Geistige, sittliche und gesellige Zustände von Gellert bis Wieland. Leipzig. I. I, Weber. 1867.
Der neue Theil eines großangelegten Werkes, welcher nach längerer Unterbrechung erschienen ist, bekundet, wie schön Bildung und politisches Leben der Gegenwart den Blick der Zeitgenossen für das Dasein unserer Vorfahren geschärft haben. Mit besonderer Freude begrüßen wir den geachteten Namen des Versassers vor diesem Werke, denn es ist ein wackerer Patriot und ein feingebildeter Geist, der in angestrengter politischer Thätigkeit seit Jahrzehnten unabhängig und treu für Bildung des Volkes gearbeitet hat und der seinen publicistischen Arbeiten die Muße abringen muß für dies fleißige Werk. Der neue Band umsaßt die Periode der Empfindsamkeit bis auf Lessing; obenan stehen darin: Gellert, Gleim und sein Kreis. Klopstock und Wieland; jeder von diesen vier Abschnitten ist ein wohlgelungener Essay, alle vier gehören nach unserem Dasürhalten zu dem Besten. was Herr Biedermann geschaffen. Nicht nur das sichere, billige und mit wohlthuender Wärme temperirte Urtheil zieht an, es unterhält auch eine reiche Fülle von Detail. Als Hauptsache, und das scheint uns das größte Verdienst des Buches, ist überall, und eingehender als in anderen literarhistorischen Werken, die Wechselwirkung zwischen dem Schriftsteller und seinem Volke dargestellt. Wir hoffen, daß dieser Vorzug das Werk unsern Lesern besonders werth machen wird, denn nicht der ästhetische Werth eines Poeten allein regulirt die Bedeutung, welche er für uns hat, oft ist noch wichtiger der Einfluß, welchen er auf Bildung und Gemüth seiner Zeit- genoffen im Guten und Bösen deshalb ausübte, weil er geheimer Sehnsucht und stillen Geschmacksrichtungen des Volkes zu rechter Zeit Ausdruck gab. Nur wenn wir diesen schwer zu schätzenden Factor möglichst genau berechnen, werden wir in Stand gesetzt, die politischen und socialen Schicksale der Nation in ihrer Abhängigkeit von der Thätigkeit ihrer geistigen Führer zu verstehen. Und gerade sür diese culturhistorische Arbeit unserer großen Literaturperiode erweist. der Verfasser daS freieste Verständniß. Daß er in der Gegenwart selbst lehrend und bildend auch den kleinen Kreisen des Volkes nahe steht, das kommt überall seiner Auffassung der Vergangenheit zu gute. Möge ihm recht bald vergönnt sein, die stille Einwirkung der Poesie auf das Leben an den großen Talenten unserer classischen Literaturzeit nachzuweisen.
A-schplos übersetzt von J.G. Dropsen. Dritte umgearbeitete Auflage, Berlin. Will). Hertz. 1868.
Ueber ein Viertehahrhundert ist seit dem Erscheinen der zweiten Auflage von Droysens Aeschylosübersetzung verflossen. Der Verfasser, inzwischen zu emem M W der Geschichtschreibung emporgewachsen, und mit voller Kraft nahelegenden Aufgaben zugewendet, hat doch das Gebiet der alten Geschichte und der ant.ken