Beitrag 
Aus Mecklenburg-Schwerin.
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der Vertretung, über deren ungefähren Betrag die Vorlage sich nicht weiter ausläßt, trägt der Jude. Zum Erwerb des Bürgerrechts in den Städten sollen..die Juden nur mit der Beschränkung zugelassen werden, daß sie von solchen amtlichen Functionen, zu welchen sie als Besitzer von ländlichen Grund­stücken nicht fähig sind, auch im städtischen Dienste ausgeschlossen bleiben. Hin­sichtlich dieser Beschränkungen war sogar die strelitzische Regierung, die sonst nicht in dem Ruse steht, daß sie an Freisinnigkeit der schwerinschen Regie­rung überlegen ist, mit letzterer nicht einverstanden. Auf dem Landtage fand sich jedoch nur eine kleine Minderheit, welche für den freisinnigeren strelitzi- schen Entwurf auftrat. Ein Bürgermeister warnte vor der Gefahr, welche in der Patrimonialgerichtsherrlichkeit eines jüdischen Gutsbesitzers und in der Zulassung eines Juden zu obrigkeitlichen und richterlichen Aemtern liege. Der Vorsitzende, Landrath von Rieben, meinte, man könne doch abwarten, ob die in dem schweriner Entwürfe enthaltenen Beschränkungen der staats­bürgerlichen Rechte der Juden für unvereinbar mit den Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes angesehen würden; käme dann eine Erinnerung vom Bunde, so sei es noch immer Zeit, die erforderlichen Aenderungen zu treffen. Kammerherr von Oertzen prophezeite das Schreckliche, daß binnen vier Wochen in der bisher den Juden verschlossenen Stadt Rostock zehn Juden sich niederlassen und binnen wenigen Jahren auch im Magistrat vertreten fein würden, wenn man sich dagegen nicht sichere. Als nun die Versamm­lung sich durch Acclamation den schwerinschen Entwurf aneignen wollte, for­derte Herr Pogge-Blankenhof die Abstimmung, damit es sich zeige, wie wenig die Stände geneigt seien, sich den neuen Verhältnissen zu fügen. Herr von Rieben fragt:demnach wünscht Herr Pogge, daß die Stände sich prostituiren?" Nach einer kurzen Entgegnung des Herrn Pogge wird so­dann der schwerinsche Gesetzentwurf mit der großen Mehrheit von 87 gegen 23 Stimmen angenommen.

In einer andern Richtung glaubte die Regierung den Forderungen des Freizügigkeitsgesetzes eine größere Berücksichtigung schenken zu müssen, ohne jedoch die Stände dafür gewinnen zu können. Außer dem "Entwurf einer Ausführungsverordnung zum Freizügigkeitsgesetz, welche die der Landesgesetz­gebung vorbehaltene Anmeldungspflicht regelte, legte sie zwei Gesetzentwürfe vor, von denen der eine Bestimmungen über die Erwerbung der Ortsange­hörigkeit durch fortgesetzten Aufenthalt aufstellte, der andere auf eine Erleich­terung der Eheschließung durch Einführung von Trauscheinen berechnet war. Nach ersterem sollte die Erwerbung der Ortsangehörigkeit für selbständige Personen an einen zehnjährigen ununterbrochenen Aufenthalt (statt des bis­herigen zweijährigen), für unselbständige Personen an einen Aufenthalt von fünfzehnjähriger ununterbrochener Dauer geknüpft sein. Diese Verlängerung