117
bung, in welcher Franz Joseph jung gewesen und alt geworden, für Eindringlinge gelten. Selbst aus die schwachen bureaukratischen Stützen, über die Schmerling zu verfügen hatte, können die Männer kaum rechnen, von denen das Volk erwartet, sie würden den alten Sauerteig der verrotteten Beamtenwirthschaft ausfegen. Hof, Adel, Bureaukratie und Armee stehen ihnen gleich fremd gegenüber und doch sind diese die Factoren, mit denen im östreichischen Staatsleben an erster Stelle zu rechnen ist. Die Partei, welche hinter den Giskra und Herbst steht, ist noch jung und undisciplinirt; weder in Bezug auf die socialen Elemente, aus denen sie zusammengesetzt ist, noch bezüglich ihres moralischen Einflusses kann sie auch nur mit der Partei der preußischen Liberalen verglichen werden, aus deren Mitte die Mi» nister unsrer Aera von 18S9 hervorgingen. Die Basis, auf welcher das cisleithanische Cabinet steht, ist ausschließlich das Vertrauen des Volks. Demokratischen Schwärmern muß es überlassen bleiben, diese für einen rv- euer äv bronss zu halten: wo mit realen Faktoren gerechnet wird, sagt man sich, daß die Macht, über welche die neuen östreichischen Staatslenker zu verfügen haben, gerade darum eine äußerst geringe ist und erst erworben werden muß. Das Experiment, das Herr v. Beust mit dem Januarministerium gemacht hat, ist ein so kühnes, daß Krone und Volk demselben mit gleich hohen Erwartungen entgegentreten; das Volk verlangt den Ausbau einer demokratischen Verfassung und die Beseitigung von Schäden, welche so alt wie die Monarchie sind und an denen Adepten der verschiedensten Art zu Schanden geworden sind, die Krone Wiederherstellung einer straffen innern Organisation und der frühern Machtsphäre des Staats, Besserung der Finanzen und Erhöhung der Staatseinnahmen. Und diese hohen und kühnen Ziele sollen erreicht werden, ohne daß die in das Ministerium gerufenen Männer auf jene gute Meinung der Krone rechnen dürfen, welche die tausend Blößen, die sich das Ministerium Belcredi gab, liebreich zudeckte, ohne jene Sicherheit und Uebung in der Behandlung großer Geschäfte, die sich nur durch Erfahrung gewinnen läßt und deren äußere Formen der herrschenden Classe überall geläufiger sind, als dem Mittelstande, endlich ohne das Recht, außerordentliche Opfer und Anstrengungen fordern zu dürfen. Mit dem Entschluß, die deutsche Bourgeoisie an das Staatsruder zu stellen, glaubt die Krone sicher das Uebermenschliche gethan, durch das Opfer ihrer Neigungen das Recht zu den gespanntesten Anforderungen erkauft zu haben: wenn die bürgerlichen Minister nicht sofort die Schwierigkeiten überwinden, zu deren Bekämpfung man sie angeschafft hat, so hätte es ja bei den Grafen und Fürsten bleiben können, welche die Natur selbst zu Staatsmännern bestimmt hat! Mißgriffe der Repräsentanten des alten Systems hatten nur die Kritik dilettantischer Parlamentsredner und doktrinärer Journalisten zu sürchten; der erste Fehltritt der „neuen