Beitrag 
Höfische Kunst und Poesie unter Augustus : eine Kaiserstatue.
Seite
81
Einzelbild herunterladen
 

Höfische Äunsi und Poesie unter Augustus.

Eine Kaiserstatuc.

Im Frühjahr 1863 wurde in Rom neun Miglien vor der Port« del Popolo an einem Ort, der jetzt Porta Prima heißt, eine Marmorstatue des Augustus gefunden, welche den glänzendsten und nach allen Seiten lehrreichsten römischen Entdeckungen beizuzählen ist. Der Fundort ist be­deutsam und konnte große Erwartungen rege machen. Hier hatte Augustus Gemahlin Livia eine Villa erbaut, die Villa derCäsaren genannt, von deren Pracht die Ueberreste wenigstens noch Andeutungen geben. Einst hatte ein Adler ihr eine weiße Henne, die einen Lorbeerzweig im Schnabel trug, unversehrt in den Schooß geworfen; auf die Weisung der Auguren wurde in jener Villa eine Hühnerzucht angelegt und der Zweig eingepflanzt. Beide gediehen vortrefflich, und mit dem Lorbeer schmückte Augustus sich bei seinen Triumphen. Seine Nachfolger ahmten sein Beispiel nach, jeder pflanzte den Triumphallorbeer bei der Villa ein, und so erwuchs dort ein stattliches Wäld­chen. Am Ende der Negierung Neros, des letzten Juliers, starben die Hühner aus und die Lorbeerbäume verdorrten.

Eine Statue des Augustus an diesem Ort gefunden, läßt nichts Ge­ringes erwarten, und das Kunstwerk, jetzt von Tenerani restaurirt, im Va- tican aufgestellt, rechtfertigt diese Voraussetzung. Eine wunderbar gute Er­haltung trägt zu dem günstigsten Eindruck bei^ und erhöhet den Werth der Statue nicht wenig. Zwar wurde die Statue in Stücken gesunden, wobei sich exgab, daß sie bereits in alten Zeiten zerbrochen und restaurirt worden, auch der Kopf aufgesetzt gewesen war was nichts seltenes ist, allein es fehlten nur ganz unbedeutende kleine Stücke, selbst die Nase ist vollkommen erhalten. Die Bildsäule hatte in einer Nische gestanden, man sieht noch, daß sie am Rücken befestigt war, auch ist die Hintere Seite nicht sorgfältig ausgeführt.

Augustus ist in der Blüthe des kräftigen Mannesalters als Imperator ruhig stehend aufgefaßt. Fest mit dem rechten Fuß auftretend steht er vor uns, die Rechte mit einem Gestus erhoben, welcher einer versammelten Menge Ruhe gebietet, die Linke hält ein Scepter. Der Kopf, ein wenig nach rechts gewandt, zeigt die schönen, ruhigen, kalten Züge, welche Niebuhr so un-

Gmizbolcn I. 18V8. 11