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tion" einzunehmen. „Meine hochfürstliche Nachbarin, die Herzogin Amalie" so berichtet Merkel in einem „Meine Lebensweise in Weimar" überschriebe- nen Manuscript, „und ihr kleiner Hof thaten mir in keiner Weise Zwang an. Ich lustwandelte des Morgens in ihrem kleinen Park, der eigentlich nur aus zwei oder drei schattigen Schlangenwegen zwischen der Jlm und einer Bergwand bestand, ich arbeitete in einer kleinen Grotte, der „Höhle", die auf dem Rande dieser letzteren stand und eine weite Aussicht gewährte. An einem Abende war verabredet, daß die Falckin eine Freundin mitbringen sollte und ich hatte ein anderes Ehepaar, einen Kaufmann, dessen Frau eine Rigaerin war, eingeladen. Als Falcks aber kamen, war ich sehr überrascht, statt des weiblichen Gastes einen Mann zu sehen. Es war Wieland. Ich wußte die Ehre, die mir dadurch widerfuhr, nach Gebühr zu würdigen und die Freude darüber riß mich zu einer Unbesonnenheit hin. Wielands Gegenwart möcht' ich nicht in der Stube genießen. An den Park stieß eine ziemlich große Rosenlaube, die eben in Blüthe stand. Ich fragte den Hofgärtner und in der Voraussetzung, daß die Herzogin Amalie so spät nicht mehr im Garten spazieren werde, .willigte er ein, den Tisch in der Laube decken zu lassen. Kaum hatte die Mahlzeit begonnen, so brachte der Gärtner die Nachricht, die Herzogin komme mit ihren Hofdamen gerade den Gang zur Laube her: sie war ihr Lieblingssitz. In großer Verlegenheit sprang ich auf und wollte der Fürstin entgegengehen um ihre Verzeihung zu erbitten; aber sie war der Gesellschaft gewahr geworden und bog eben lächelnd in einen Gang
ein und kehrte zurück in ihr Schlößchen____Dies schonend nachsichtsvolle
Benehmen der edlen Fürstin war ganz in dem so geistvoll humanen Charakter, den ihr ganzes Leben bezeugte; ein kleiner, aber vielsagender Zug!"
Aber die Gelehrten und Dichter waren damals auch dankbar für menschliche Behandlung durch die Großen der Erde. —
Literatur.
Hermann Schulze, Einleitung in dns deutsche Stciatsrccht mit besonderer Berücksichtigung der Krisis des I. 18V6 u. d. Gründung des nordd. Bundes. Leipzig 18V7.
Unsere deutschen staatsrechtlichen Bücher spiegeln meist noch literarische Zustände -und Gewohnheiten ab, die auf andern Gebieten überwunden sind. Sie gelten jedem, der nicht selbst zu der Schule zählt, für ungenießbar, und sie sind es auch. Früher verband sich damit ein gewisser Glorienschein unbegreiflicher Weisheit; jetzt, wo der leidige Grundsatz immer mehr in Fleisch und Blut übergeht, daß jedes schwerfällige und pedantische