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trage die Zeichen deines Schmerzes auf deiner Brust und höre nicht auf, meinen Namen zu rufen. Gib meinen verblaßten Lippen den letzten Kuß, wenn du meinen Leib mit Assyrischen Balsam mitleidig salbest. Wenn die Flammen meinen Leib in Asche verwandeln, so sammele sie in ein kleines Gefäß. Aus mein Grab pflanze einen Lorbeerzweig, damit diese heilige Stätte einen stillen und ruhigen Schatten bekomme. Setze diese zwei Verse über meine Asche: der in wenig Staub verwandelt hier liegt, starb als Sclave einer einzigen Geliebten.
Dieses Grab, welches ich dir in Gedanken vorzeichne, wird, hoffe ich, so berühmt werden, als das blutige Grabmal des Achilles.
Auch du denke, daß du sterben mußt und erinnere dich des schweren Uebergangs. Komme zum Ziel, doch so spät als möglich. Verschmähe nicht meine kalten Gebeine, wenn du bei meinem Grabe vorüber gehst, denn Grabsteine haben Gedanken und Gefühl.
Ach, hätten mir die Parzen ohne weitern Schmerz beim Eintritt in die Welt das bittere Leben genommen. Wozu wird so ein langer Lebensfaden gesponnen? Klotho vergönnte freigebig dem Nestor drei Jahrhunderte; hätte ein phrygischer Krieger am Simois, welcher soviel Menschenblut trank, sein Leben verkürzt, so würde er seinen Sohn, den Antilochus, nicht mit Wunden bedeckt gesehen, noch gesagt haben: Warum verweilst du, o Tod, mir mein elendes Leben zu nehmen?
Laß manchmal Thränen über mich fließen. Es ist billig, daß die Liebe nach dem Tode nicht erlösche. So bewies sich Venus, da Adonis von dem grausamen Eber auf dem Jdalischen Gebirge tödtlich verwundet war. Sie beweinte ihn mit zerstreutem Haar in jenen sumpfigen Thälern. — Aber vergebens wirst du meinen stummen Schatten zurückrufen, denn was können meine in Staub verwandelten Gebeine dir sagen!
Wir können es uns nicht versagen, bei dieser Gelegenheit einer handschriftlichen Notiz aus dem in den „Grenzboten" wiederholt erwähnten Nachlaß des Livländers Garlieb Merkel Erwähnung zu thun, sie bietet einen kleinen Beleg für die Ungezwungenheit und Humanität, welche die Beziehungen der Herzogin Amalie zu ihrer Umgebung und den Gelehrten des Hofes charakterisirten. Merkel gehörte zu Wielands anhänglichen Freunden und hatte, nm diesem während der Sommermonate des I. 1799 möglichst nahe zu sein, eine Wohnung im Hause des herzoglichen Hofgärtners zu Tiesfurt gemiethet. Herder und dessen Frau, Böttiger, der Satiriker Johannes Falck und Wieland waren Nachmittags und Abends häufig Merkels Gäste, um bei diesem den Kaffee oder eine bescheidene „Abendcolla-
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