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hier gebotenen Barren auszumünzen, durch Einzelausgaben, Clavierauszüge, Arrangements, Stimmendrucke dem besonderen Bedürfniß zu genügen, und im Einzelnen zu verbreiten und einzuführen, was im Ganzen nicht leicht zu bewältigen ist, kann man getrost dem künstlerischen Eifer und der geschäftlichen Betriebsamkeit überlassen, und bereits ist nicht Weniges in dieser Hinsicht geschehen. Es ist ein Königsbau, den die Bach- und Händelgesellschaft unternommen, die Kärrner werden vollauf zu thun haben.
Eine ganz andere Bedeutung hat es demnach, wenn die Breitkopf und Härtelsche Handlung eine Ausgabe der sämmtlichen Werke Beethovens als ein Berlagsunternehmen ankündigt, das sich, ohne jede außerordentliche Unterstützung und Begünstigung, angesichts einer ungeheuren Concurrenz. lediglich an das Bedürfniß und Interesse des großen musikalischen Publicums wendet, welchem es eine würdige Befriedigung verspricht. Man vergegenwärtige sich nur, daß Beethovens Werke in den Händen des Publicums sind — was noch ungedruckt ist, legt kein bedeutendes Gewicht mehr in die Wagschale — daß diejenigen Com- positionen, welche die Masse beschäftigen, in zahlreichen Ausgaben, welche billige und unbillige Ansprüche befriedigen, überall verbreitet werden: und jetzt erscheint eine Gesammtausgabe, welche alles vereinigt, grqße und kleine Werke, beliebte und verschollene, dankbare und undankbare, nach den strengsten Anforderungen wissenschaftlicher Kritik redigirt, äußerlich glänzend ausgestattet, unter Bedingungen, welche eine weitgreisenbe Betheiligung des musikalischen Publicums voraussetzen und möglich machen. Eine Thatsache wird dadurch zunächst festgestellt, daß gegenwärtig Beethoven weit vor allen übrigen Com- ponisten die Theilnahme des gcsammten musikalischen Publicums in Anspruch nimmt und deshalb auch den musikalischen Markt beherrscht. Es mag schwer sein über Vertrieb und Verbreitung der musikalischen Productionen genaue und zuverlässige statistische Nachrichten zu erlangen; das steht über allem Zweifel fest, daß kein Komponist, weder ein classischer noch ein modischer, auch nur von Weitem mit Beethoven in Vergleich gestellt werden kann, wenn es sich um die fortwährend massenhaft gesteigerte Verbreitung der Werke handelt. Ja, es wird versichert, daß, wenn man der Gesammtheit der beethovenschen Compositionen, welche in einem Jahr durch den Musikhandel vertrieben werden, alle übrigen Musikalien, welche im selben Jahr verkaust werden, zusammengefaßt gegenüberstellen wollte, die Wage vielleicht schwanken, der einzige Beethoven aber allen übrigen jedenfalls des Gegengewicht halten würde. Begreiflicherweise sind es die Compositionen und Arrangements für Clavier, welche hierbei den Ausschlag geben, von denen einzelne in unglaublicher Anzahl verbreitet werden; daß aber diese souveräne Herrschaft über das musikalische Publicum aller Schichten und Bekenntnisse nicht eine vorübergehende Modelaune des Dilettantismus, sondern ein erfreulicher Beweis dafür ist, wie