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weniger in dem beethovenschen g äur Concert, als in den Variations s^rieusW von Mendelssohn.
Außerdem spielte Kapellmeister Reinecke das bachsche ä moll Concert und Variationen eigner Composition über ein Thema von Bach. Zu erwähnen sind noch Frl. Doris Böhme aus Dresden mit dem 5moll Concert von Chopin und Herr Brassin mit drei Stücken eigner Fabrik. Von Solovorträgen aus der Geige ist zu nennen das viottische g, moll Concert, gespielt von Concertmeister F. David und das a woll Concert lNr. 6) von Molique, gespielt von Concertmeister Drey- schock. Wir brauchen nicht hinzuzufügen, daß beide Leistungen die anerkannten Vorzüge der beiden geschätzten Mitglieder unsres Orchesters zeigten, wenn auch die bereits angedeuteten Mängel ebenfalls nicht ganz fehlten. Ihnen schloß sich an H. Heermann aus Berlin, ein junger Mann, der es bei entschiedenem Talente sich angelegen sein lassen muß, gewisse Eigenheiten der französischen Schule zu überwinden, bevor er deutscher Musik wird ganz gerecht werden können. Dies zeigte sich in seinem Vortrage von Vieuxtemps air variö und dem spohrschen Violinconcert (Nr. 11), Z äur.
Als eine sehr bedeutende Erscheinung ist noch zu nennen Herr Leopold Auer aus Pesth, dem Vernehmen nach ein Schüler von Joachim. Leider spielte er außer dem e moll Concert (Nr. 7) von Spohr nur noch eine röveris von Vieuxtemps und das paganinische xerpewuiri inodils, doch zeigte er sich als einen Künstler von so ausgezeichneten Gaben und so gleichmäßig tüchtiger Ausbildung derselben, daß er schon setzt einen hohen Rang unter den Geigenvirtuosen einnimmt und zu der Hoffnung berechtigt, er werde dereinst den ersten Meistern seines Instruments beizuzählen sein.
Herr L. Lübeck, Mitglied des Orchesters, spielte auf dem Cello ein endlos langes und langweiliges Concert von Servais und ein weit besseres Recitativ und Adagio von I. H. Lübeck. In beidem zeigte er sich als wohlgebildeter Künstler.
Schließlich sei erwähnt, daß sich Frl. Helene Heermann in einer Harfenphantasie über Motive aus Oberon hören ließ.
Wir schließen hiermit unsre Betrachtungen über die erste Hälfte der Gewandhausconcerte dieses Winters ab und sind versichert, daß das gegebene kurze Verzeichnis) der vorgeführten Musiken unsre oben ausgesprochenen Klagen über die Zusammensetzung der Programme rechtfertigen wird. Der in Rücksicht auf musikalischen Gehalt und künstlerische Ausführung gleich werthlosen Solovor- träge findet sich eine übergroße Anzahl: eine Kürzung auf dieser Seite würde ermöglicht haben, manches größere Werk von Meistern vorzuführen, die zu berücksichtigen historisches, rein künstlerisches Interesse oder angemessene Pietät gebot. Die Enthaltsamkeit in der Aufführung von Novitäten ist beifallswürdig; denn es erscheint durchaus gerechtfertigt, wenn man es anderen, minder hohe
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