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Tagebuchsblätter vom leipziger Fest.
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nen viele schon eingetroffen sind und, an ihrem Medaillenschmuck kenntlich, zum Theil auch in Uniform, die Straßen durchwandcln. Ebenso haben sich von den Vertretern der fcstgebenden Städte es sind der letzteren über zweihundert die Mehrzahl bereits eingefunden. und da zu gleicher Zeit die General- . Versammlung des Nationalvereins hier tagt, so hat Leipzig in diesem Augen­blick die Ehre, eine beträchtliche Anzahl vielgenannter Namen, darunter ge­feierte wie Schulze-Delitzsch und V. Bennigsen, als Gäste in seinen Mauern zu haben.

Am Nachmittag lebendigstes Gedränge aus den Straßen, wandelnde Grup­pen, die in allen deutschen Dialekten plaudern, zahlreiche Veteranen, geführt von ihren Wirthen, bekränzte Hänser, Transparents für die Illumination und ein Flaggenschmuck, in dem jetzt auch die schwarzweiße Fahne nicht fehlt, die den Befreiungskampf bei der poschcruncr Mühle begann, von Blüchers Hand emporgehoben ihn über den Rhein trug und ihn bei Waterloo beendigte die Fahne Preußens, unter welcher auch der erste der leipziger Siege erfochten wurde.

Abends geselliges Zusammensein der alten Kriegsgesellen und andrer Ehren­gäste mit ihren Herbergsgebern im Schützenhaus, Wiedererkennungsscenen lang Getrennter, manche heitere, auch manche rührende Geschichte und ein rechtschaff­nes Potuliren, worin die alten Knaben nicht die hintersten blieben, wie sich denn unter ibnen, von denen keiner den Siebzigern fern sein kann, überhaupt mehr körperliche Rüstigkeit und geistige Frische findet, als man nach dem Gang menschlicher Dinge annehmen sollte.

Trotz alledem und alledem mit diesem Gedanken geht man nach Hause wird unser Fest einen guten Verlauf nehmen, würdig der Erinnerung, der es gilt, befriedigend für die, welche es anregten, entsprechend den Mühen, welche für Ausführung der Einzelnheitcn erforderlich waren.

3.

18. October. - Künftig wird man in Deutschland von Leipzigs Wetter reden, wie man in England der Königin Wetter preist. Der Tag hob an mit einem Morgen, wie ihn der deutsche Herbst nicht schöner bieten kann. Die Wolken, die an den vorhergehenden Tagen gedroht, schienen nunmehr von den himmlischen Gewalten nur versammelt worden zu sein, um für den glorreichen Himmel des Siegcsfestes als Folie zu dienen. Die verhüllt gewesene, jetzt als siegreicher Held am Horizont über die festlich geschmückte Stadt heraufsteigende Sonne 'strahlte wie ein Symbol der That vor fünfzig Jahren und wie eine Verheißung künstiger Victorie. Vom Zenith bis zum Horizont ringsum reinste heiterste Bläue, die graue Stadt mit ihrem farbigen Festschmuck vom wärmsten Frührothsschimmer Übergossen, die Thurmspitzen vergoldet, die nach Osten ge­kehrten Fensterreihen von der Sonne glänzend illuminirt.

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