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Oestreichs Pläne für Lösung der deutschen Frage.
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unsre ultrnmoutcrnc und unsre nationale Partei mit neuen Ideen erfüllt und in neue Bahnen fortgezogen werden. Wir könnten uns den Versuch nach dieser Seite hin wohl gefallen lassen.

Aber auch aus einem andern Grunde scheint uns der Versuch Oestreichs in der gegenwärtigen politischen Situation zu spät zu kommen. Ein ernstes patrio­tisches Motiv ist dafür geltend gemacht worden. Die gegenwärtige politische Schwäche und unberechenbare Poliiik Preußens bedrohe sämmmtliche deutsche Staa­ten mit der Gefahr eines Krieges; der Kaiser von Frankreich sei entschlossen, we­nigstens im nächsten Frühjahr einen neuen Ablcitcr für die steigende innere Bewe­gung seines Landes im auswärtigen Conflict zu suchen. Nur eine schnelle patrio­tische Vereinigung der deutschen Staaten und Stämme mit Oestreich vermöge dagegen zu schützen. Zuverlässig ist die Gefahr vorhanden, zuverlässig wird eine schnelle, durch unwiderstehliche Volksgcwalt hervorgebrachte Conecutration der deutschen Kraft das beste Mittel dagegen sein. Aber bereits jetzt, in der ersten Woche dieses Monats, kann keinem östreichischen Staatsmann verborgen bleiben, daß jedes Nesvrmprojcct eines deutschen Reiches, welches von Oestreich ausgehen kann, diese Gefahren nicht verrin­gert, sondern ins Unübersehbare vergrößert. Es ist doch nicht möglich, die po­litische Umgestaltung der deutschen Nation durch einen schnellen Handstreich zu be­wirken und als ein tair, »eoomxli dem betroffenen Europa gegenüberzust-llc», bcvvr dieses Kunde davon erlangt hat; und es ist schwerlich möglich, die unbestreitbaren Mängel der deutschen Heercsvcrfassung so Plötzlich nnd energisch zu beseitigen, daß im nächsten Frühjahr eine einheitlich organifirte Armee, unwiderstehlich an Zahl und Kraft, die deutschen Grenzen decke. Es bedarf für jeden, der deutsche Ver­hältnisse kennt, nicht der Erwähnung, daß solche Neubildung unter den gün­stigsten Verhältnissen mit großen Schwierigkeiten und Verzögerungen zu kämpfen haben wird. Lange Verhandlungen, Widerstand einzelner Regierungen rcagirende Parteien im Volke. Und wie würde in dieser Uebergangszeit das Ausland zu den Neformversuchen Oestreichs stehe»? Der deutsche Bund ist eine sehr unvollkommene Organisation, aber sein Bestehen ist durch curopmsche Verträge garantirt, die Pflich­ten und Rechte der einzelnen Bundesmitglicder sind dem Auslande gegenüber unbe­stritten, fest formulirt, unanfechtbar, die Großmächte haben nicht nur das Interesse, den Bund zu erhallen, sie haben leider auch aus verschiedenen Rcchtstitcln das Recht, bei seiner Umgestaltung mitzusprechen. Es ist zweifellos, daß sie dieses Recht in Anspruch nehmen werden, ez ist zweifellos, daß ein Principat Oestreichs auch nur über die Hälfte Deutschlands die Stellung dieses Staats zn allen Mächten des Auslandes gründlich verändern und die lebhaftesten Besorgnisse hervorrufen würde. Es ist sicher, daß jeder Versuch ciucr Umgestaltung des Bnndcs, welcher jetzt im Interesse Oestreichs geschähe, sowohl Frankreich als Nußland zu einer ent­scheidenden Wendung ihrer Politik veranlassen und überreiche Gelegenheit zur Ein­mischung in die inneren Angelegenheiten Deutschlands geben würde. Es ist wahr, diese Gefahren würden verringert oder ganz beseitigt, wenn sich das gesammte deutsche Volk mit hoher Energie für Oestreich erklärte. Da aber voranssichtlich sowohl Preußen als einige andere Staaten, mehr als zwanzig Millionen Deutsche, der größere Theil des deutschen Landes heftig dagegen kämpfen und die übrigen wenigstens nicht begeistert sein werden, so wird den östreichische» Neformvorschlägen das fehlen,