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Bilder aus der Russischen Gesellschaft. 3. : Das politische Lustspiel. - Opernmusik.
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Bomben vernichtet worden wären, wenn sie überhaupt jemals in den Magazinen gelegen hätten/' Mehre von den Commissären in der Krim wurden beschuldigt, die für die Hospitäler von Sewastopol erhaltene Leinwand den Verbündeten verkauft zu haben, und wenn dies auch wahrscheinlich unwahr ist, so ist die weite Verbreitung dieses Gerüchts doch schon ein Beweis dafür, daß man solchen Handel für möglich hielt, und daß ähnliche Geschäfte gemacht wurden, haben die Verurteilungen hoher russischer Offiziere in den Jahren nach dem Kriege zur Genüge dargethan.

Die Beamtenkrankheit war längst schon als ein Hauptgebrechcn Rußlands anerkannt, aber selbst die Energie des Kaisers Nikolaus vermochte nicbts zur Milderung des Uebels zu thun. Da machte sich endlich die russische Bühne ans Wert, und ihr dankt das Land, daß wenigstens eine Diagnose der häßlichen Seuche existirt.

Ueber die Geschichte des russischen Theaters bitten wir den Leser, der ein Interesse dafür hat, das Buch von Edwards selbst nachzulesen. Hier beabsich­tigen wir nur die beiden merkwürdigsten Lustspiele, die Rußland je hervorge­bracht hat, denRevisor" von Nikolaus Gogol undKummer von Witz" (Gore- ot Uma) von Gribojcdoff, zu besprechen. Diese Komödien, obwohl grund­verschieden nach Conception und Ausführung, haben doch dieselbe Grundlage: die Gebrechen des russischen Beamtensystems, und beide sind zu einem ernsten Zweck geschrieben, wie man ihn in keinem andern dramatischen Werke dieser Gattung verfolgt findet, Beaumarchais'Hochzeit des Figaro" ausgenommen, welche allerdings ebenfalls ein politisches Pamphlet in dramatischer Form ist. In den meisten Ländern." sagt unser Berichterstatter,ist die Presse als Organ politischer Kritik der Bühne voraus, aber in Rußland ist bis auf die jetzige Re­gierung die Bühne der Presse voraus gewesen."

Der Gang des Gogolschen Stückes ist in Kurzem folgender. Khlestakoff, ein junger Mann im Staatsdienst zu St. Petersburg, hat auf einer Reise von der Hauptstadt nach seines Vaters Gut all sein Geld ausgegeben und sieht sich aus Mangel an Fonds genöthigt, in der entfernten Prvvinzialstadt zu bleiben, in welche der Schauplatz der Komödie verlegt 'ist. Er befindet sich in einem elenden Wirthshaus, und der Wirth verweigert ihm nicht nur fernern Credit, sondern droht auch bei der Polizei zu klagen, daß er sich bei ihm mehre Tage aufgehalten, ohne ihm einen Kopeken zu zahlen. Nun trifft sichs, daß in dieser kleinen Stadt, wo jeder Beamte seine besondere Art von Schurkerei betreibt, der Postmeister als ein Ding, das sich von selbst verstehe, alle Briefe zu lesen Pflegt. Der Inhalt derselben bildet eigentlich seine ganze Unterhal­tung, die. wie man erwarten wird, ebenso mannigfaltig als interessant ist. Er trägt sogar Briefe mit sich herum und sagt zu seinen Freunden:Da hab' ich hier 'nen Brief von einem jungen Menschen, der von einem prächtigen Ball