als» sechs Wochen nach der oben angeführten Erklärung, derselbe Minister Thc-uvenel in einer Antwort auf einen Protest der Schweiz gegen die Annexion der neulralisirten Distrikte mit folgenden Behauptungen hervorzutreten wagt: „Die Anordnung in den Vertragen von hatte zum Zweck einen Theil
von Savoyen zu decken, und durch ihre Aunahme hat die Schweiz sich verpflichtet die Vollziehung derselben zu sichern, indem sie sich einerseits verbindlich machte den sardinischen Truppen den Nückzug zu gestatten, nm nach P>e- mont zurückzukehren, und andrerseits im Nothfall Bundestruppe» in das neu- tralisirte Land zu werfen. Die durch die Konföderation übernommene Verpflichtung ist der Preis einer dem Cantv» Genf gemachten Gebietsabtretung, so wie die eventuelle Neutralisirung von Chablais nnd Faucigny eine zu Gunsten Sardiniens stipulirte Bürgschaft und die Cvmpensation für ein Opfer ist. Diese Neutralisirung ist somit ursprünglich nicht in der Absicht erdacbt worden, um die schweizerische Grenze zu beschützen, — diese ist durch eine unübersteigliche Schranke d. h. durch die nnttelst Uebereinstimmung der Mächte proclamirtc Neutralität hinreichend gedeckt; sie ist der Schweiz im Gegentheil als eine Last auferlegt und von der Schweiz unter vnerosem Titel angenommen."
Eine weitere Note vom 7. April 18t>0 geht von denselben Grundsätzen aus, indem sie sagt: „Frankreich, welches in die territorialen Rechte Savoyens tritt, kraft einer regelmäßige» Übertragung, hat sich nach dem Geiste der Verträge gerichtet, indem es sich erbot, mit den beim Congreß von 1815 vertretenen Mächten über die auf die Neutralisirung bezüglichen Clausein sich zu verständigen; und die Bereitwilligkeit, womit es, trotz dem daß die Principien ihm kein Gesetz vorschreiben, erklärte, es werde sich auch mit dem Sehweizerbundc verständigen, beweist in der klarsten Weise, daß es für sich die volle Ausführung des Art. 92 der Wiener Schlußakte annimmt."
Betrachten wir diese Behauptungen etwas näher. Frankreich sagt: „die Neutralität von Chablais und Faucigny ist eine zu Gunsten Sardiniens stipulirte Bürgschaft, eine Servitut, welche Frankreich mit zu übernehmen sich bereit erklärt." — Ist sie wirklich nur zu Gunsten Sardiniens stipulirt, so kann dies nur gegen einen Angriff von Seiten Frankreichs sein; denn ein anderer Nachbar existirt nicht. Wäre also ein Krieg zwischen Sardinien und Frankreich aus- gebrochcn, so hätte die Schweiz jene Provinzen militärisch besetzt. Das ganze übrige Savoyen hätte erobert werden können; jene neutralen Provinzen nicht anders als mittelst eines directen Angriffs Frankreichs gegen die Schweiz. Für die Schweiz ist nun aber die Art und Weise der Eroberung ganz gleichgiltig. Ob die Schlacht, in Folge deren Savoyen an Frankreich fiel, diesseits oder jenseits der Alpen geschlagen worden, ob Savoyen mittelst Gewalt der Waffen oder Macht der Ueberredung gewonnen wurde, ob Kanonenkugeln ober diplomatische Noten gewechselt wurden, die Schweiz ist in dem einen wie