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Die Leibeigenen und Sklaven der Griechen und Römer. 2.
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bares Geflügel; ein anderer reicht, wie ein Weib herausgeputzt, den Wein; ein Dritter sammelt niedergebückt die Uebcrbleibsel der Trunkenen. Gute Götter! wieviel Leute setzt der eine Magen in Bewegung!" Die Zahl der Sklavinnen welche des Winks der Gebieterin gewärtig waren, überstieg die bei den Athe­nern gewöhnliche ebenfalls bedeutend. Von den Launen der Herrin hatte die ganze Dienerschaft oft mehr zu leiden, als von der Strenge des Hausherrn. Martial und Ovid enthalten Schilderungen weiblicher Grausamkeit. Am besten aber charakterisier eine ungnädige Tyrannin Juvenal:Wenn sich die Herrin geärgert bat, ist die Spinnmeisterin verloren, die Garderobiers bringen nie die rechten Kleider, der Sänftenträger kommt zu spät; auf dem einen zerbrechen die Ruthen, den andern röther die Peitsche, den dritten die Knute; manche Frauen zahlen den Folterknechten ein besonderes Iahrgeld. Sie läßt zuschlagen und schminkt sich dabei das Antlitz; sie gibt ihren Freundinnen Audienz oder betrachtet die breite Goldstickerei ihres Gewandes, und dabei regnet es Schläge; sie überliest die langen Zeilen des langen Ausgebejournäls: die Schläge fallen fort und fort, bis endlich die Schlagenden ermüden und ein donnerndes: Hinaus erschallt." Dann schildert Juvenal die Leiden des unglücklichen Geschöpfes, das die schwere Aufgabe hatte, das Haar der Gebieterin nach der Mode zu frisiren, und mit bloßen Schultern und zerrauftem Haar vor ihr steht:Warum ist diese Locke höher als die ändere? ruft die Dame unwillig, und sofort straft der Ochsenziemer das 'Zerbrechen. Bezeichnend genug ist auch das Zwiegespräch zwischen Frau und Mann bei demselben Dichter:Laß für den Sklaven ein Kreuz, errichten!"Durch welches Verbrechen hat er die Todesstrafe verdient? Wer ist Zenge davon? wer hat ihn angezeigt? Merk wohl! Kein Zaudern über eines Menschen Tod ist zu lange!"O Thor! Also ist wohl der Sklave ein Mensch? Er mag nichts gethan habe»; .gut! Aber ich will es; ich befehle es, und mein Wille ist Grund genug!" leider liegt in den letzten Worten mehr als ein Beweis für die tyrannische Willkür mancher Herren; sie enthal­ten zugleich, die römische, vom Gcse-tz bestätigte Ansicht über das unbeschränkte Recht des Herrn gegen Leib und Leben des Leibeigenen. Während in Athen die eigenmächtige Tödtung der Sllaveu verboten war, konnte in Rom der Herr seinen Sklaven strafen, martern und quälen; er konnte ihn nach Belieben töd- ten, ohne Rechenschaft zu geben. Dieses strenge Recht scheint nur in älterer Zeit weniger zur Ausübung gekommen zu sein, als in späterer, und wurde überhaupt in verschiedenen Familien verschieden geübt; es gab aber doch zu jeder Zeit grausamen Charakteren Gelegenheit, ihre böse Lust zu stillen. Noch zu Cicero's Zeit ließen Privatleute ihre Sklaven nicht unmenschlich foltern, sondern auch hinrichten. Mehrere Schriftsteller erzählen von der Grausamkeit eines Vedius Pollio, der zu Augusts Zeit lebte. Als der Kaiser einst bei ihm speiste,' zerbrach ein Sklave ein kostbares Krystallgefäß. Vedius befahl densel-