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Die Symbolik in der deutschen Mythologie.
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der Kranke Weidenbündel. Faschinen u. a. von rechts nach links dreht: hier wird wieder mit dem Zeichen vorgenommen, was an den, Bezeichneten ge­schehen soll. Dieser Aberglaube vom Weidendrehen begegnet aber auch noch unter einer andern Kategorie, nämlich bei jenem Heilaberglauben, welcher die Beschäftigung des Kranken oder seiner Umgebung oder sogar die Beschaffen­heit des Geräthes in der Krankenstube auf die Krankheit bezieht. Wenn in Gegenwart eines an Bauchgrimmen Erkrankten Weiden gedreht. Faschinen geflochten werden, so wird dadurch das Leiden aufs Höchste gesteigert; es müs­set» vielmehr alle Dinge, Geräthe und Beschäftigungen um den Kranken mög­lichst seinein Leiden entgegengesetzt eingerichtet werden; daher erklärt sich, daß die Entbindung einer Kreisenden erschwert wird, wenn irgend ein Band an ihrem Anzug gebunden, irgend ein Knopf, eine Oese zugeknöpft ist: erleichtert wird die auf Oeffnung, Lösung, Losgebung zielende Krisis, wenn alle Ka­sten und Kisten im Zimmer geöffnet und ausgezogen, alle Nägel gelockert, alle gebundenen Dinge aufgebunden werden. Hier ist theils allopathische Sym­bolik wirksam, theils jene häufigste Beziehung von dem Zeichen auf das Be­zeichnete. Ganz analog gedacht ist der vcrhHrWiißvolle Zauber des Nestel- knüpsens und Schloß-Schlagens d. l). die feindseligen Hexereien, wodurch Neuvermählte nn der Vollziehung der Ehe behindert werden. Das Nestel­knüpfen ist zunächst gegen den Mann (häufig gegen beide Gatten) gerichtet und besteht in einer äußerst kunstvollen Berschlingung und Verflechtung eines Knäuels von Bindfaden: das Princip der Schürzung ist dabei, daß der eine starke durchlaufende Faden durch eine Unmasse von Knoten unterbunden und behindert wird: bei jedem Knoten wird ein besondrer Spruch gemurmelt, und der Zauber ist nur lösbar, wenn die Knoten von derselben Hand in derselben umgekehrten Reihenfolge und jeder Knoten mit seinemGegenspruch" aufge­schürzt wird. Das Schloßschlagen, welches die Empfänglich des Weibes hindert, besteht darin, daß man während der Trauung öder wenn die Braut­leute sich vom Mahl zurückziehen, ein Vorlegeschloß mit einem bezüglichen Spruch zuschnappen läßt und Schloß und Schlüssel in zwei nach entgegenge­setzter Richtung rinnende Wasser wirst : nicht eher wird der Schooß der Braut geöffnet, bis derselbe Schlüssel dasselbe Schloß aufthut.

Den Uebergang vom praktischen activen Aberglauben der Heilkunde zu dem passiven, theoretischen, des Angangs bildet die Vorstellung, daß ein Gelbsüchtiger unheilbar wird, wenn eine gelbe Henne über seinen Weg fliegt : die gelbe Farbe der Krankheit wird fortan so unauslöschlich an ihm haften, wie'an dem Huhn dessen Naturfarbe. Es wird' also hrer das begegnende Thier symbolisch identificirt mit dem 'Menschen. Diese Art von Symbolik ist nun aber eines der besten Erklärungsrmttel für einen großen Theil der Alrer- glaubenssülle des Angangs. Der Grundgedanke des Angangs ist, daß es bei