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Die polnische Bewegung und die Deutschen.
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in dem polnischen Wesen lag was eine gesunde Entwicklung der Volkskraft verhinderte. Polen wurde von der schlechtesten Aristokratie regiert, welche es gibt, von einer adligen Kaste, welche ihre Privilegien durch Geburt fort­pflanzte und im ausschließlichen Besitz des Vvllbürgerthums war. Diese Ari­stokratie, herrschlustig, unfähig, unwissend und anspruchsvoll, konnte der Ver­suchung nicht widerstehn, die gelehrten und fügsamen Jesuiten als Bundes­genossen der Herrschaft zu benutzen. Auf diesen unseligen Orden hat aber die Vorsehung den Fluch gelegt, daß jedes Fürstengeschiecht. das sich mit ihm verbindet, jedes Land, das sich ihm unterwirft, dem Verderben verfällt. Sie haben die Vaiois, die Stuarts, die Bourboneu von ihren Thronen ge­worfen, sie haben jetzt ebenso den Habsburger» ernste Gefahr bereitet. Sie waren die Todtcnvögel des sinkenden Irlands, sie haben Spanien durch Jahr­hunderte zu einem hilflosen Staat und zum Spott des Auslandes gemacht, sie haben mit ungewöhnlicher Schnelligkeit dasselbe in Polen durchgesetzt. Die hohle gefirnißte Bildung ihrer Schulen, ihre Intoleranz und schleichende Be- kehruugssucht, ihr unaufhörliches Einmischen in Politik haben dort in Kurzem vergiftet, was etwa an patriotischer Redlichkeit uud politischem Menschenver­stand zu Tage gekommen war. Durch sie wurde die Krast der deutschen pro­testantischen Cvlonien in den polnischen Städten gebrochen, sie halfen die Po­litik nach Pfaffenweise in ein Spiel von Intriguen mit kleinen Mitteln und unpraktischen Gesichtspunkten zu verwandeln. Seit dem Ende des 17. Jahr­hunderts ging der Auslösungsproceß in den ungeheuern Landschaften des dünnbevölkerten Reiches mit unheimlicher Schnelle vor sich.

Die Pflicht der Deutschen war, aus dem Elend der wüsten Wirthschaft so viel als möglich von dem deutschen Leben zu retten, welches dort Wurzel geschlagen hatte. Daß die Hohenzollern seit dem großen Kurfürsten dies ge- thun haben, ist einer der größten Erfolge, den dies Fürstengeschiecht für Deutsch­land durchgesetzt hat. Kurfürst Friedrich Wilhelm hat das deutsche Ordens­land Preußen von der polnischen Lehnshoheil befreit. Friedrich der Erste hat auf diese isolirte deutsche Colonie im Osten entschlossen die Königskrone gesetzt und dadurch den Schwerpunkt des Hausinteresses weiter nach Osten gerückt, eine unablässige Mahnung für seine Nachfolger. Friedrich der Große endlich hat in der ersten Theilung Polens das getrennte Königreich Preußen durch Erwerbung der deutschen Kolonien von Westpreußen mit Pommern und Bran­denburg in feste Verbindung gesetzt. Erst durch diese Maßregel wurde das deutsche Preußen nothdürftig gegen einen Völkerschwall von Osten her ge­sichert. Wer diesen Erwerb aus irgend einem gemüthlichen Grunde unge­schehen wünscht, der will die Wcichselmündung, Elbing. Thorn, Danzig. ja das in diesem Fall unhaltbare Ostpreußen den Erben Peter des Großen oder den Schachzügen einer neuen adligen Republik überliefert sehen; er will, daß