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Magna Graecia durch die Einwanderung vertriebener Parteien aus Griechenland zu hoher Blüthe gelangte und ein Asyl der Künste und Wissenschaften wurde, so auch die jugendliche frische Kolonisation auf Island von Norwegen und Jütland aus. In Norwegen hatte sich im letzten Viertel des neunten Jahrhunderts Harald Schönhaar, in Dänemark Gorm der Alte zum Oberkönig über die bisher in viele kleine Jarlschaften getheilten skandinavischen Länder gemacht. Dieß erzeugte eine große Auswanderung. und da dieselbe namentlich viele der mediatisirten Fürsten und Herren umfaßte, so erhielt die nordische Eisinsel, nach der sich der Strom wandte, von vornherein in großem Maaße das. was damals gute Gesellschaft, feine Sitte, Bildung und Kenntniß hieß. Es blühte hier schon im zehnten Jahrhundert eine Cultur, welche die der mitteleuropäischen Staaten weit übertraf und sich selbständig in Poesie, Geschichte, Geographie, Handel und Literatur entwickeln konnte. Das alte Idiom der skandinavischen Sprache erhielt sich hier in seiner Reinheit. Man bewahrte hier die alten Sagen und Skaldenlieder der frühern Heimath. Island wurde die Wiege einer historischen Literatur von höchster Wichtigkeit.
Die Isländer mußten zu ihrer Seibsterhaltung Meister der Schiffsahrt sein; so wurden sie auch Entdecker des großen Oceans.
Schon im Jahr 877 soll Gunbiorn der Erste gewesen sein, der die Küste von Grönland gesehen. Erst hundert Jahre später wurde es näher bekannt.
Erik Räude (d. i. Rothhaar) aus fürstlichem Geschlechte und Gutsherr in Island, gerieth mit seinem Nachbar Eyolf Saur in Fehde. Der Gegner, einer der mächtigsten Herren in Island, ward von ihm erschlagen. Zur Sühne des Todtschlages ward Erik zu drei Jahren Exil verurtheilt. Er ging un Jahr 983 zu Schiffe und nach damaligem Gebrauch in unbekannte Fernen auf Entdeckungen aus. Erik folgte jener unbestimmten von Gunbiorn vorangegangenen Sage, daß im Westen ein Land liege, das noch unbekannt sei. ^s gelang ihm, westwärts an Eisbergen vorüber eine lange Küste zu erreichen, die er südwärts bis zu einem südlichen Vorgebirge verfolgte. Die Spitze ward umschifft und eine Insel und Bucht gefunden, wo man überwintern kminte. Die Bucht nannte der Verbannte Eriksbucht. Später hat das Vorgebirge den Namen Herjolfsnes von einem Ansiedler erhalten, der sich dort niederließ. Es ist das heutige Cap Farewell der englischen Schiffer, Staaten- hoek der Holländer, die Südspitze von Grönland, das Erik das Grüne Land nannte, um ihm für spätere Ansiedler einen lockenden Namen zu geben.
Nach zwei Wintern, die er dort mit Erforschung der großen Halbinsel zugebracht hatte, kehrte er aus seinem Exil nach Island zurück und lobte sein grünes Land, seine Gehölze und Fischereien. Bald wurde eine Gesellschaft v°n Kolonisten bewogen, aus Island dahin überzusiedeln. Aber von 35