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Die Binnenzölle im Zollverein.
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haben, die Durchgangsabgaben aufheben. Die zögernden Verhandlungen en­digte der schon erwähnte Beschluß, welcher mit der Aufhebung dieser die letzte und bedeutendste Ermäßigung der Rheinzölle zu Stande brachte.

So treten in dieser neuesten Geschichte der Rheinzölle sämmtliche guten und schlimmen Seiten unserer Zustände an das Licht. Ueberall bethätigt sich ein zweifelloses, klar bewußtes Drängen nach Befreiung von veralteten und drückend gewordenen Fesseln, die unter dem Schein des Rechtes zu bit­terem Unrechte für jedermann geworden sind, überall das laute Verlangen, die thatsächlichen Zustände und Einrichtungen in Uebereinstimmung mit den For­derungen und Ergebnissen des durch Erfahrung und Nachdenken gebildeten Bewußtseins zu setzen, überall der dringliche Wunsch, ein Gemeinwohl Deutsch­lands vor dem Sonderbehagen der Einzelglieder zur Anerkennung zu bringen, aber auch überall ein hartnäckiges Gegenüberstellen dieses Sonderinteresses, ein rücksichtsloses Geltendmachen des aus mittelalterlichen Zeiten überkomme­nen Einzelrechtes und darum überall auch nur ein mit saurer Mühe erzwunge­nes Vorwärtsschreiten, eine stets nur stoß - und stückweise zugelassene und in demselben Augenblick wieder gehemmte Weiterentwicklung. Von der Volks­wirthschaftslehre sind die Binnenzölle lange verurtheilt als eine schwere Be­einträchtigung des gesammten Verkehrs, die Steuervcrfassung ist längst in emer Weise ausgebildet, welche jene im Mittelalter beliebte Steuererhebung durch innere Zölle mehr als entbehrlich gemacht hat. und immer noch nicht hat derfreie" deutsche Rhein, des Reiches goldne Handelsstraße, das Sym­bol aller patriotisch schwärmenden Redner und Dichter, das Glück erleben dürfen, seine ältesten und beengendsten, seine am längsten und lautesten be­jammerten Fesseln zerbrochen zu sehen, immer noch nicht hat der deutsche Zoll­verein, auf dem Boden einer geläuterten Volkswirthschaftslehre und in der Absicht einer nie ruhenden Förderung der deutschen Volkswohlfahrt begründet, soviel moralische und staatliche Kraft gewinnen können, um ein für allemal das Gesammtwohl des Ganzen als Quelle des Wohles der Einzelnen zur Geltung zu bringen. Abermals hat man sich durch halbe Maaßregeln m d,e Lage versetzt, nach kürzerer oder längerer Frist dieselben unerquicklichen Verhand­lungen, und wer weiß, ob dann zu besserem Ziele, wieder aufnehmen zu müssen.

Glücklicher waren die Donau und die Weser, welche beide durch die Ver- träge ihrer Userstaaten von der Last der Binnenzölle befreit wurden, doch den ganzen ertödtenden Druck des mittelalterlichen Zollunwesens trägt immer noch die deutsche Elbe, die zweite Hauptwasserstraße, welche das deutsche und euro- Mche Binnenland mit den Übermenschen Handelsgebieten verbindet und zu­gleich Deutschlands vornehmster Handelsstadt Leben und Nahrung M- Clbe kann sich leider rühmen, unter allen deutschen Strömen am stlesmutter- Uchsten auch vom Zollverein behandelt zu sein und am gründlichsten von den

Grenzboten III. 1361. ^