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rals nicht durchgelassen werden konnten. Auf dem Gipfel des Berges fandcp wir ihn. Die Spitze hatte man auf der äußeren Seite mit einer kleinen Mauer umgeben, und man hatte von hier die beste Aussicht über die ganze Campagna bis in die Festung selbst hinein. Einen besseren Platz zur Beobachtung konnte man nicht wählen. Ein Mann war bei dem aufgestellten Fernrohre, welches beiläufig gute Dimensionen hatte, unaufhörlich mit Obser- viren beschäftigt. Einige Mann zur Ablösung desselben nebst zwei oder drei Adjutanten machten die ganze Umgebung des Generals aus. Der Major meldete den Wunsch der Bauern, Garibaldi gewährte ihn, und dankbar und froh begaben sie sich auf ihr Feld. Unangemeldet trat ich vor.
Der General saß auf einem Felsenblock, Weintrauben und Brot essend. So kurz wie möglich trug ich mein Gesuch vor. Ebenso kurz, aber in wohlwollendem Tone antwortete er: „Mein Freund, ich habe Offiziere genug, leider brauche ich Soldaten. Ich kann übrigens selbst nichts thun. Kennen Sie Türr, so kann er mehr thun als ich." Als ich mich vor ihn gestellt, hatte ich außer Acht gelassen, daß ich keine zwei Fuß hinter mir einen steilen und ziemlich tiefen Abhang hatte. Während ich sprach trat ich zurück, und war auf dem Wege hinunterzustürzen. Er streckte die Hand aus: „Nou Ilivu, pi-viuÄ Mräö, ^lousivur — li-ss^vis vvu«." Ich setzte gelassen meine Nede fort, ohne mich zu rühren. Der General aber sah mich an und wiederholte sein gutherziges: asse^W vvus.
„Ich habe Offiziere genug." Dies wußte ich leider schon, dennoch hörte ichs aus diesem Munde und in diesem Tone beinahe gern noch einmal. Er schien Niemand etwas rundweg abschlagen zu können. Er, wollte auch meine Bitte nicht abschlagen, wenn ein Anderer der Meinung war, daß ich Verwendung finden könne.
Kriegsminister war in dieser Zeit der General Cosenz, eine Persönlichkeit, die als Soldat und Mensch gleich achtungswerth war. Sein Aeußeres ist stattlich, und sein römisches Gesicht mit der hohen Stirn drückt Entschiedenheit und Willenskraft aus. Soldat und Patriot durch und durch, hatte er keinen Augenblick gezögert, seine Stellung als Oberst in der sardinischen Armee zu verlassen, um an dem Befreiungskampf unter Garibaldi Theil zu nehmen. Durch republicanische Offenheit und strenge Rechtlichkeit empfahl er sich wie wenige Andere zur Verwaltung. Daß er zu organisiren verstand, hatte er, allerdings nur in kleinerem Maßstabe, durch seine Division gezeigt, welche zu den am besten geordneten und tüchtigsten von allen gehörte. Seiner Umgebung nach zu urtheilen, besaß er den Blick, der fähige Leute an den rechten Ort zu stellen weiß. Wenn es dennoch mit der Organisation der Armee nicht recht vorwärts gehen wollte, so war es nicht die Schuld des Ministers. Die Ursachen davon lagen vielmehr in den Verhältnissen. Das Heer bestand