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Aus dem Tagebuche eines Garibaldischen Freiwilligen. 3. :Im Lager.
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Der eben erwähnte Zug Husaren bildete den Anfang zu einer, großen- theils aus Ungarn bestehenden Cavallerie, die in Neapel organisirt wurde. Sie trugen einen kurzen braunen Dolman und eine braunrvthe Mütze, eng anschließende Beinkleider, welche in halbhohen Stiefeln steckten, vollendeten das Ganze. Zu der reich beschnürten, sehr hübschen Uniform kam auch ein großer spanischer Mantel, dessen Werth sich auf 120 Francs belief. Dieses Corps war zusammengesetzt aus den verschiedenartigsten Elementen: Polen und Ungarn, Venetianern und Oestrcichern. Mehre waren darunter, die daheim den Magnatentitel getragen hatten oder Offiziere im östreichischen Heere gewesen waren und sich jetzt nur hier befanden, um indirect für ihr Vaterland zu fechten. Andere freilich hatten sich nur nach Italien begeben, um ihr Glück zu machen, und zuletzt sich genöthigt gesehen, bei Garibaldi einzutreten. Die meisten waren schon gute Reiter, und das Corps nahm sich durchaus militärisch aus. Jeden einzelnen Husaren hatte man mit einem sechsläufigen Revolver bewaff­net. Dieses Corps ist wol nie stärker als höchstens 200 Mann gewesen, und obschon es selbst nach Auflösung der andern Theile der Südnrmee noch weiter organisirt wurde, wollte es doch nicht recht gedeihen. Im Gegentheil schmolz es durch Desertionen u. d. m. so zusammen, daß es die letzte Zeit, wo es in Nola lag, keine 80 Mann zählte. Außerdem hatten in dieser Periode die schlechten Elemente die Oberhand gewonnen, Excesse waren an der Tagesord­nung, Fälle von Insubordination ebenso häusig, man verkaufte den werth­vollen Mantel, den Revolver, ja ich sah in dieser Zeit einen, der erst östrei­chischer Offizier gewesen, dann unter Lanwriciöre dem Papst gedient und zu­letzt Lieutnant bei den Husaren Garibaldi's geworden, sogar seinen Säbel verkaufen.

General Türr hatte mir gesagt, daß er über mich mit dem Kriegsminister gesprochen, und dieser mir das Brevet zugesagt habe; ich möge jetzt, sügte er hinzu, draußen in Santa Maria meine Angelegenheit selbst betreiben. Ohne die Vollendung meiner Uniform abzuwarten, begab ich mich dorthin. Aus der Fahrt dahin hatte ich wieder Gelegenheit, die Nachlässigkeit und Unord­nung zu beobachten, die hier beim Betrieb der Eisenbahn herrschte. Ein Wartesaal war nicht vorhanden, die Ankommenden mußten mit den rohen Freiwilligen um ihre Plätze kämpfen, andere Signale als die mit der Loco- motivpfeife waren unbekannt. Des Abends markirte keine Laterne auf der Signalstange die gehenden und kommenden Züge, sondern der Bahnwärter trat einfach vor die Thür seines Häuschens und schwenkte eine kleine Hand­laterne. In Caserta bot der Schloßplatz noch das alte Bild, und auch die Kanonen lagen noch wie früher auf dem Erdboden. Ich dachte mir eine Audienz bei Garibaldi zu erbitten, und meldete mich zu dem Zwecke, erhielt indeß die Antwort, daß der Dictator jetzt nicht zu sprechen sei. Während