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Ein Mcinn von ungewöhnlicher Größe und dieser entsprechendem Körperbau, dessen von grauem Haar eingefaßtes Gesicht unverkennbar die afrikanische Abstammung verrieth, unterhielt sich lebhaft mit einigen jungen Leuten vom Civilstande, die mit der Miene der Bewunderung jedes Wort von ihm auffingen. Er trug die Uniform eines Majors des Heeres, doch war es nicht das rothe Hemd, sondern eine rothe Jacke, die auf der Brust mit schwarzen Schnüren und auf Schultern und Aermcln mit goldnen ungarischen Knoten geschmückt war. Die Mütze war ebenfalls reich mit Gold aufstaffirt. Ich fragte nach dem Namen, und hörte, es sei Alexander Dumas, der Freund Garibaldis, wie er sich nennt, und wie er von Garibaldi selbst genannt worden ist.
Herr Dumas trug übrigens diese Uniform nicht bloß nach eignem Belieben. Im Gegentheil, er war von dem kommandirendcn General dazu auto- risirt, was er, von seinen Collegen, den Journalisten dazu gedrängt, durch Veröffentlichung des Tagesbefehls Garibaldis bewies, der „Herrn Alexander Dumas das Recht verlieh die Uniform des Gcneralstabes zu tragen." Es war also sehr bescheiden von dem großen Manne, daß er sein sterbliches Theil nur in den Nock eines Majors gehüllt hatte, besonders da die Wohnung, die man in Neapel ihm unentgeldlich eingeräumt, die Wahl eines höheren Grades hätte entschuldigen können. Dieser Wohnung hatten aber die Neapolitaner später zu verdanken, daß sie mit einem Zug von Offenheit in Dumas' Charakter bekannt wurden, der seine Bescheidenheit noch überbot. Der „Jndependente" und Liborio Nomano standen nämlich mit einander nicht auf dem freundlichsten Fuße. Liborio Nomano war Conseil-Mitglied. Ein Angriff auf ihn war ein Schlag nach der Negierung. und in der Regel wurde diese nicht geschont. Was Wunder, wenn dem Herausgeber des Blattes die Wohnung in einem Palast der Regierung gekündigt wurde.
Da Dumas nicht auszog, so erfolgte eine Unterredung zwischen ihm und dem Minister des Innern, worin letzterer deutlich zu verstehen gab, daß. wenn etwa Herr Dumas seines Ausenthalts in Neapel nicht überdrüssig sei, dieß Gefühl auf Seiten der Regierung sehr lebhaft empfunden werde. „Ich denke nicht daran, zu gehen", erwiederte Dumas, „ich werde hier bleiben. Ich muß dort leben, wo ich Aufregung habe; in Paris brauche ich mindestens 150,000 Francs, um auszukommen, in Neapel dagegen kann ich mit 100,000 leben, doch muß ich dabei freie Wohnung haben." Der Redakteur des „Jndependente" blieb; daß das Gespräch in den nächsten Tagen allgemein bekannt war, kümmerte ihn nicht. Ob der „Jndependente" so independent geblieben ist wie vorher, kann ich nicht sagen.
Ich hatte die innern Gänge des Schlosses erreicht, und sollte hier die^ Erfahrung machen, daß die Soldaten der Armee von ihren Oberbefehlshabern fast ebenso wenig wußten wie die Neapolitaner von ihrem Gouver-