Die Sprache der alten Deutschen.
Eine historische Skizze. Das heutige Deutschland, von den Römern Germania genannt, würde zu der Zeit, als es in die Weltgeschichte eintrat, von verschiedenen Völkern bewohnt, die wieder in Stämme zerfielen. Tacitus führt von den letzteren drei auf, Jngävonen, Hermionen, Jstävonen. Plinius fügt noch zwei hinzu, den vindilischen Stamm und die Bastarner mit den Peucinern. In welchem Verhältniß die einzelnen Nationen zu dem betreffenden Stamm gestanden, darüber schweigen die Nachrichten. Es ist die Behauptung aufgestellt, daß Jngävonen lediglich die Bewohner- der Meeresküste. Jstävonen Niederländer, und Hermionen die in der Mitte des Landes Wohnenden bedeute. Möglich, daß es so ist, aber bei Ermangelung historischer Grundlage bleibt es Hypothese. Jedenfalls liegt aber der Stammvcrwandtschast eine in sich gegründete Bedeutung zum Grunde, und die Völker desselben Stammes standen zu einander in näherer Beziehung als zu den Völkern eines anderen Stammes. Dahin deutet wol die Bemerkung des Jornandes in seiner getischen Geschichte, wonach die Warner sich schon längst von dem edlen Blute der Gothen getrennt hatten. Plinius zählt, jedoch wie es scheint nur beispielsweise, zu dem vin- dilischen Stamm die Burgunder, Variner, Cariner, Guttonen; zu den Inga- vonen die Cimbern, Teutonen und die Völker der Chauken; zu den Jstävonen, dem Rhein zunächst wohnend, wiederum Cimbri, wahrscheinlich die Sigambrer, endlich zu den mitten im Lande wohnenden (meäiterrauei) Hermionen die Sueven. Hermunduren, Chatten, Cherusker.
Wie wir aus dem Berichte des Tacitus entnehmen können, besaßen die Bewohner Germaniens, insofern es wahre Germanen waren, eine eigenthümliche Sprache, die von der gallischen verschieden sein mußte, da der Sueven- tönig Ariovist zu Cäsars Zeit während seines langen Ausenthaltes in Gallien die gallische Sprache erlernt hatte. Sprechen wir aber von den Bewohnern Germaniens, so müssen wir vor Allem die Grenzen dieses Landes näher erörtern. Cäsar, der es uns zuerst kennen lehrt, nennt den Rhein als Grenze, erklärt aber die Belgen. welche ein bedeutendes Stück von Gallien innehaben, Grenzboten II. 1661.