38
schließlich nach kirchlichen Gesichtspunkten bestimmt. Die Existenz einer solchen Partei im preußischen Landtage ist ein sehr bedenkliches Zeichen und eine Mahnung für die Regierung, auch hier einmal Hand ans Werk zu legen. Wie gegenwärtig die Lage Europas ist. läßt sich voraussehen, daß in kürzester Frist zwei große Parteien sich gegenüber stehen werden; auf der einen Seite werden alle berechtigten Interessen Preußens liegen, der Führer der andern wird der Ultramontanismus sein. Die Ereignisse in Italien werden uns vielleicht zu Hilfe kommen, aber nur dann, wenn wir selber etwas dazu thun.
Theater.
Heinrich von Kleist's „Hermannsschlacht" ist im Anfang dieses Jahres in der Bearbeitung von Fcodor Wehl über mehre deutsche Bühnen gegangen; an sich ein erfreuliches Ercigniß, da von allen deutschen Dichtern neben Lessing, Goethe und Schiller Kleist am meisten verdient, unserm wirklichen Theater erhalten zu werden; und an der Bearbeitung ist hauptsächlich zu loben, daß sie die Eigenthümlichkeiten des Dichters nicht verwischt hat. Ueber seine Methode, so wie über den Erfolg der Aufführung berichtet F. Wehl in der „Schaubühne II., 2."; Einiges finden wir noch hinzuzusetzen. — Man merkt dem Stück an, daß Kleist nicht unmittelbar an eine wirkliche Aufführung gedacht hat, die in dem großen napolconischcn Reich 1809 auch schlechterdings unmöglich war; Bearbeiter und Schauspieler müssen ein wenig nachhelfen, aber mit steter Rücksicht auf den eigentlich poetischen Gehalt des Stücks. — Folgende« dürfte das Hauptaugenmerk sein. — In einem großen Theil des Dramas erscheint Hermann als politischer Intrigant, der mit schlauer Berechnung die zweckmäßigen Mittel wählt, um die Römer zu stürzen, und diesen Zweck auch glücklich erreicht. Märe weiter nichts darin, so wäre das Stück ein Lustspiel in der Weise von Scribe's Glas Wasser; der politische Inhalt selbst — der deutsche Patriotismus, die Nothwendigkeit, gegen den Unterdrücker jedes Mittel anzuwenden — ist an sich sehr lobenswerth, genügt aber nicht, das Stück dramatisch zu rechtfertigen; und was der Herausgeber in dieser Beziehung sagt, gehört nicht zur Sache; denn anders beurtheilen wir eine Handlung, die in einem geschlossenen Nahmen vor unsern Augen vorgeht, anders ein Stück Geschichte aus den Zeitungen. So warm wir für die Bildung des neu-italienischen Königreichs sein mögen, für eine Tragödie qualificirt sie sich nicht. — Der Zweck der Tragödie ist, Mitleid zu erregen, nicht Bewunderung;' und zwar Mitleid für den Helden. — Kleist hat das dadurch möglich gemacht,