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Vincke und die Nationalzeitung.
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teuffel Opposition machten, für ihre aufopfernde, patriotische und nützliche Thätigkeit gedankt, und damit diejenigen demokratischen Blätter desavouirt, welche dem Ministerium Mcuiteuffcl dadurch zu schaden glaubten, daß sie die parlamentarische Opposition auf jede Weise vor dem Volk lächerlich machten. Er hat seine Ansichten über Preußens Stellung zu Deutschland in einer Rede ausgesprochen, wegen welcher er, wenn er sie 1348 gehalten Hütte, von der frankfurter Demokratie alsGothaer" wäre mit Koth bcworfen worden. Er hat endlich bei dem letzten Zwist eine bessere Haltuug bewiesen als sein Gegner.

Drittens war die Gelegenheit, welche Vincke wählte, um die alten Streitig­keiten zu erneuern, die unglücklichste, die sich denken läßt. Wir gehen weiter als Waldeck: wir legen auf den Unterschied der beiden Ausdrücke Staatsbür­ger und Unterthan das größte Gewicht; ja wir halten ihn für einen der wich­tigsten Punkte unserer ganzen Entwicklung. Wir können uns Vinckes Angriff nur aus einer übertriebenen Vorliebe für die Terminologie der englischen Ver­fassung erklären. Aber wenn der Engländer das WortUnterthan" beständig im Munde führt, wenn er es für seine.höchste Ehre hält, sich als Unterthan der Königin Victoria zu bekennen und vor Ihrer Majestät das Knie zu beugen, so weiß er sehr wohl, daß das bloße Höflichkeit ist, daß Ihre Majestät ihm nicht das Mindeste zu befehlen hat, ihm weder schaden noch nützen kann.- Ganz anders in Deutschland, wo die Unterthanenschaft eine sehr bittere Wahrheit ausdrückte. Deutschland war im vorigen Jahrhundert wegen seines Servilismus und seinerHundedemuth" sprichwörtlich geworden. Nur mit Mühe und Anstrengung arbeiten wir uns aus derselben heraus; und noch immer gibt es eine Partei, welche uns die Hundedemuth, die asiati­sche Unterwürfigkeit unter jeden augenblicklichen Einfall des Monarchen, als erste Pflicht eines Unterthans und Christen vorschreibt. Dieser Partei gegen­über ist es keineswegs gleichgiltlg, welchen Ausdruck man gebraucht. Gern wollen wir den König, den Trüger unserer Größe und unserer Hoffnungen, unsern allergnüdigsten Herrn nennen, vorausgesetzt, daß unser Haus eine Burg ist gegen die Willkür seiner Diener.

Und wer ist in diesem großen Kampf, der uns aus Unterthanen zu Staats­bürgern erheben soll, in Preußen der tapfere und beredte Führer gewesen? Wer hat zuerst laut und unerschrockeu den Dienern seines Monarchen gegen­über den ganzen Stolz und das ganze Selbstgefühl eines freien Mannes herausgekehrt? wer hat ihnen zuerst, in einer Zeit, wo es noch Schrecken er­regte, mit voller Brust, so daß ganz Europa es hörte, das entscheidende Worr zugerufen: daß sie nicht blos dem König, sondern auch dem Volk verant­wortlich sind, und ihnen erklärt, was Verantwortlichkeit heißt? Wer anders als Georg Vnicke! Segen sei der Stunde, in welcher er es aussprach, denn von ihr datirt die neue preußische Geschichte.