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Alter Waidmannsbrauch. 1.
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Großmutter, damals noch gnädiges Fräulein, fürstlicher Durchlaucht beim Fuchsprellen Gesellschaft leistete»; von den glücklichen Zeiten, wo ein Hirsch- gerechter Waidmann mehr in Ehren gehalten wurde als ein, tüchtiger Professor, wo ein guter Jägerhof mehr galt als gut geordnete Finanzen. Wehmüthig blickt der Freund mittelalterlicher Zustände auf die wildpretgcsegneten Zeiten zurück, wo einer jener sächsischen Nirmode, die nebenbei auch Fürsten hießen, wo der erste Johann Georg sich am Schluß seiner vierundvierzigjährigen Re­gierung rühmen konnte, die ungeheure Zahl von 15,290 Hirschen erlegt zn haben, wo sein Nachfolger im Jagen und Negieren deren in vierundzwanzig Jahren sogar 13,636 Stück fällte," wo die Hunde beider fürstlicher Herren zu­sammen binnen nicht viel mehr als sechzig Jahren über 50.000 Wildschweine für den Jagdspicß stellten. Während ein Hirsch von 4 Centüern jetzt eine Seltenheit ist, kamen solche von 6, ja 9 Ccntnem in dem Jägerparadies, das einst in Sachsen, Hessen und Würtemberg blühte, häusig vor, und während in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts allein in Sachsen durch­schnittlich jedes Jahr neun Hirsche von 16 und zwei bis drei von 18 Enden geschossen wurden, vergehen jetzt in ganz Deutschland Jahrzehnte, bis ein Thier von solcher Endenzahl erlegt wird, und es ist begreiflich, wenn 183s Herzog Heinrich von Würtemberg ein derartiges durch ihn herbeigeführtes Er- ciguiß mit den Worten anzeigte:wofür ich der schönen Diana Hände und Füße küsse."

Mit der Jagd im großen Styl ists leider zu Ende, wie es mit der gan­zen Welt zu Ende ist, in welcher die Staaten als Rittergüter der Fürsten an­gesehen wurden, in welcher Hirsche und Sauen nach der Meinung adeliger Herrenstarben," Baueru nurkrcpircn" konnten, und in welcher ganz kurz vor ihrem Untergang noch die für ihre ganze letzte Periode charakteristische Klage vorkommen konnte:Euer Königlichen Majestät Allerhöchste Sauen haben meine allerunterthänigsten Kartoffeln gefressen."*)

Schon Friedrich der Große hatte sich imAntimachiavell" entschieden gegen die Jagd ausgesprochen, Joseph der Zweite besohlen, die Wildschweine auf Parks zu beschränken und sie außerhalb derselben wie Naubthiere zu be­handeln, der eine und der andere einsichtigere Fürst in den übrige» deutsche'' Ländern ähnliche Milderungen der alten Praxis eingeführt. Aber noch lange, in manchen Gegenden bis weit in unser Jahrhundert hinein, am längste» >n Würtemberg und Sachsen, währte es, bis die Jagd in der alten Weise ci>6 Unsug erkannt, das Menschenrecht mit dem Fürstenrecht ausgeglichen und das zu diesem Behuf erforderliche Opfer gebracht wurde. Noch vor fünfzig Jah>cn

-) Aus der Eingabe eines würtcmbcrgischen Pfarrers an König Friedrich, der beiläufig wie seine Vorfahren der Jagd sehr zugethan war und erst in seinen letzten Jahren den durcy das Wild in ihrem Eigenthum Beschädigten klagbar zu werden gestattete/