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Urheberrecht und Nachdruck.
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gegenüber einem gegliederten Bau, dessen einzelne Theile in ein und demselben Mittelpunkte zusammenlaufen und auf einem Grundsteine ruhen.

Dieser Vorwurf trifft noch bei weitem mehr das öffentliche Gesetz, wel­ches ebenso gut durch das Inhaltsverzeichnis; als durch seine systematische Einheit zusammengehalten wird. Es ist aber nicht zu verkennen, daß auch dieses sehr viel Gutes enthält und daß es sehr dankenswert!) ist, den festen Willen unverhohlen ausgesprochen zu sehen, mit Deutschland bezüglich des Urheberrechts auf völlig gleichen Standpunkt sich zu stellen, ja der Bundes­gesetzgebung vorauszueilen und eine auf die.Erfahrung der letzten Jahrzehnte begründete Vollständigkeit der gesetzlichen Bestimmungen zu erstreben. Es kommt dem unwissenschaftlichen Sinne der heutigen praktischen Juristen, welche nur nach möglichster Specifizirung der gesetzlichenBestimmungen" und vor Allem nach Präjudicien jagen, ein derartiges Gesetz sehr zu Statten, weil es cm sie weder die Anforderung einer tieferen wissenschaftlichen Bildung noch der anstrengenden Geistesarbeit, den Fall unter einen allgemeinen Nechtssatz unterzuordnen, stellt. Und zur Schande der Gcsetzesanwendung uud Auslegung, wie sie von unseren superklugen romanistischen Nichtern oft geübt wird, müssen wir gestehen, der Rcchtsuchcndc befindet sich im Allgemeinen wohler bei solcher maschinenmäßiger Thätigkeit, als bei den wortreichen, Niemandem als den eingeweihten Priestern der Thcmis verständlichen Schlußfolgerungen, in denen das Weiß in ihrem Anfange am Ende zum Schwarz geworden ist.

Bei der bereits gerühmten Reichhaltigkeit des östreichischen Gesetzes ist es natürlich, daß der Entwurf sich weniger durch wesentliche Ergänzungen dem­selben gegenüber, als durch eine systematischere Anordnung, prägnantere Ausdrucksweise und reifere Ausführung auszeichnet. Der Entwurf bezweckt jn eben nur das Vorhandene zu sammeln, das Unvollkommene fortzubilden und die erkannten Lücken auszufüllen. In diesem Zwecke rnht die Berech­tigung seines Strebcns alle vereinzelten Landesgesetze zu verdrängen und selbst als einziges deutsches Bundcsgesetz anerkannt und zur Geltung gebracht zu werden. Denn das Hauptübel liegt in der Verschiedenheit der Behandlung, welche die Streitfragen über Verletzung des Urheberrechts in den verschiedenen Ländern erfahren und vermöge der unvollkommenen und so ganz verschieden­artigen Gesetzgebungen, folgerichtig auch vermöge der daraus entstehenden Verschiedenheiten der gerichtlichen Praxis erfahren müssen. Diese das Recht der deutschen Urheber, welche ihre Befugnisse meist denr deutschen Buchhandel zur Verwerthung übergeben, fast immer auf die Grenzen des engeren Vater­landes des Verlegers (dem es meistens zukommen wird, die Bcfuguissc, welche ihm der Urheber abgetreten hat, rechtlich geltend zu machen) beschränkende Ungleichheit muß fallen, wenn das deutsche Urheberrecht einen wirksamen Schutz im Gesetze finden soll. Denn sie verhindert von allen den Uebeln,

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