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freie Concurrentcn auf den Schauplatz der orientalischen Politik und Rußland würde sich die Erbschaft der Sultane mehr und mehr entgleiten sehen.
Die Bemerkung, welche der Verfasser im Eifer für die russischen Pläne im Osten ausgesprochen hat, veranlaßte uns zu dieser Darlegung. Die russische Politik hat ein Interesse, ein stärkeres Italien zu schaffen, als stärkere Hemmung Oestreichs; aber sie hat auch die Neigung zwischen beiden den Erisapfel zu lassen, welcher sie untereinander ewig entzweit und beiden die srcie Hand uach dem Terrain hin bindet, welches Rußland allein für sich bebauen und dereinst besetzen möchte. Dies zu zeigen, schien uns nützlich. Andrerseits aber mußten wir darauf hindeuten, wie mit der gründlichen Heilung des italienischen Schadens sich die Situation auch an andern Stelleu klärt und die Politik in vernünftigere Richtungen gelenkt wird.
Abgesehen nun aber von diesem Mißton in der Dcduction des Verfassers., müssen wir darauf aufmerksam machen, daß derselbe zu dem Satze von der Unabhängigkeit und Freiheit Italiens vom Standpunkte des europäischen Gleichgewichts gelangt. Vom Rechte der Italiener, von ihrer Befähigung sich selbst zu regieren, von ihrem Bedürfniß nach Wohlergehen, von den Wohlthaten, die ein gedeihendes Stnatslebcn in dem Apcnninenlande für seine Nachbarn mit sich bringen wird, ist in der ganzen Schrift nicht die Rede. Wir machen dem Verfasser daraus keinen Vorwurf; nach dem Titel hatte er sich nur vorgenommen von den europäischen Interessen in Italien, nicht von den Interessen Italiens zu Haus und m Europa zu sprechen.
Es freut uns also zu sehen, daß die kaltbcrechnende Cnbinetspolitik mit den Forderungen der Humanität und Civilisation und den Sympathien der Volker im Wesen übereinstimmt. Wiederholt aber wollen wir darauf hinweisen, daß die Großmacht Italien aus die Gestaltung des cmopäischen Gleichgewichts von jetzt ab einen großen Einfluß üben und.daß man in Zukunft auch darnach wird fragen müssen, was Italien wünscht und will.
So unbequem und unangenehm dies manchem Staatsmann sein mag, sie werden doch alle wohlthun, bei Zeiten sich daran zu gewöhnen, mit diesem neue» Factor und zwar nicht als einem passiven, sondern activen zu rechnen.