Contribution 
Der Neujahrstag im alten Rom.
Page
26
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

26

werker machten sich mit ihrem Werkzeuge etwas zu schaffen, die Literaten er­probten die Gunst der Musen an kleinen schriftstellerischen Producten, die Sachwalter ließen vor den Tribunalen des Forums ihre Stimmen ettönen. Im Jahre 13. n. Chr. veranlaßte diese Sitte einen komischen Vorfall, der aber sogleich als unglückliches Omen aufgefaßt und später auf den Tod des Germanicus gedeutet ward. Der Consul Norbanus sollte am Neujahrsmorgen sein Amt antreten. Eine große Menge von Gratulanten hatten sich bereits vor dem Hause eingefunden; der neue Würdenträger war längst aufgestanden und festlich geschmückt; bevor er aber die Besuchenden empfing, griff er noch schnell nach seinem Lieblinginstrumente, der Trompete, der en Berührung ihm die vielfachen Tagesgeschäfte nicht mehr erlaubt hätten, und entlockte derselben einige schmetternde Fanfaren, die den erschreckten Zuhörern Unglücksahnungen einflößten. Viele Zeit wurde übrigens auf die Geschäfte und Künste nicht verwendet; und es hatte bei einem bloßen Probiren oder, wie Ovid sagt, einemKosten" sein Bewenden, weil die Zeit des Morgens anderweitig be­deutend in Anspruch genommen wurde. Die Frauen wallten nach den Tem­peln, wo. die Opferflammen von Weihrauch und cilicischem Safran dustend, sich in den vergoldeten Decken spiegelten, während dem Beginner des Jahres, dem doppelgesichtigen Vater Janus in seinem fast nie geschlossenen Doppel­bogen am Fuße des Capitols, Weihrauch, Wein, Salzschrot uud ein in besondrer Form, nach Art übereinander gelegter Finger ' gebackener Opferkuchen dargebracht wurde. Bei den Männern scheint übrigens, wie oft bei uns, der Herrendienst dem Gottesdienste vorgegangen zu sein; denn 'die Besuche an diesem Tage waren damals eine Pflicht, der sich niemand entziehen konnte. In den früheren Zeiten der Republik hatte es das hörige Verhältniß der Clienten zu ihren Patronen mit sich gebracht, daß jene ihren vornehmen Gönnern die Aufwartung zu machen hatten. Später als dieses einige Band sich gelockert hatte, wollte jeder reiche und eitle Mann ein dienstfertiges Hofstaatspersonal um sich haben, das ihn auf seinen Aus­gängen begleitete und am Morgen unterthänig begrüßte. Und da diese Dienste täglich mit 25 (12'/- Sgr.) bezahlt zu werden pflegten, so fand sich eine Menge müßiger Menschen, die aus Armuth und Eigennutz die er­heuchelten Zeichen der Anhänglichkeit zur Schau trugen. Alle diese versäum­ten es nicht, am Feste des Janus in geschäftiger Schnelligkeit die Straßen zu durcheilen, die Hallen der Gcldbrotzen zu füllen und mit dem gewöhnlichen Morgengruße (Ave sei gesegnet) ehrfurchtsvolle Wünsche für das . Wohl des gnädigen Gönners (die Clienten pflegten ihre Brodhnrn auchKönige" zu nennen) zu verbinden. Natürlich machten auch Freunde untereinander Gratulationsbesuche und die in amtlichen Verhältnissen Stehenden ihren Vor­gesetzten. Am größten war die Zahl der Gratulanten in den Vorhallen