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Gulden, oft viel weniger. Die Schauspielergesellschaften treten beinahe immer freiwillig zusammen. Dre Leute besitzen verhältnismäßig gute Anlage zur Deklamation und Mimik, doch gilt dies mehr von den Männern, da die Frauen sich meist in einer gewissen Weinerlichfeit des Vmtrags gefallen. Das Talent für das Schauspiel und die Neigung dazu dehnt sich häufig über ganze Familien aus. so daß bisweilen Großvater, Vater, Sohn und Enkel, Tochter und Enkelin in demselben Stück nutwirken. Die Bevölkerung der Gegenden, wo solche Schauspiele oft vorkommen, zeigt sich durchgehcnds gebildeter und geneigter, auf die Aeußerungen des höhern Culturlebcus einzugehn, als das Volk andrer Striche. Der Antheil, den sie an den Vorstellungen nehmen, ist ein äußerst lebhafter: sie können viele Stunden lang sitzen und sehen und hören, was aus der Bühne vorgeht, und sie vermögen demselben Stück sechs bis sieben Mal mit der gleichen Rührung und Ergötznng beizuwohnen. „Jedenfalls," so schließt die „Bavaria" dieses Kapitel, „ist das Volksschauspiel ein schöner Ausdruck und noch mehr ein wichtiges Förderungsmittel des poetischen, sittlichen und religiösen Lebens des begabtesten Theiles der altbayerischen Bevölkerung."
Das „Haberfeldtreiben'" ist eine der eigenthümlichsten Erscheinungen des Volkslebens im bayerischen Gebirge. Wie und wo es entstanden, ist bis jetzt trotz mannigfacher dagegen eingeleiteter gerichtlicher Untersuchungen bloße Vermuthung geblieben. Man glaubt, daß die Grafschaft Hohenwaldegg der Boden sei, wo diese Sitte zuerst zur Ausübung gekommen, und von wo sie sich allmälig über die Nachbargaue verbreitet, und man nimmt ferner an. der Gebrauch sei die ins Bäuerische übertragene Fortsetzung des von Karl dem Großen in den einzelnen Grafschaften eingesetzten Rügengerichts. Wie viel daran ist, lassen wir dahin gestellt. Sicher ist, daß die Haberfeldtrciber den alten Kaiser bei ihrem Verfahren erwähnen. Er wird beim Verlesen der Anwesenden stets zuerst aufgerufen, auch gibt sich die Schaar der Theilnehmer immer als vom Kaiser im Untcrsberg (derselbe, sitzt dort nach den Sagen, die Stcub mittheilt, ganz wie Kaiser Nothbart im Kiffhäuser) abgesandt an, und beim Schluß wird Kaiser Karl aufgefordert, das Protokoll zu unterschreiben. Seit dem Verfall des altdeutschen Rechtsverfahrens und Verdrängung der Bauern von der Theilnahme an der Justiz, besonders seit dem dreißigjährigen Kriege soll das eigenthümliche Institut wieder in Flor gekommen sein. Man griff, m Ermangelung andrer Mittel zu einem Verfahren, das sich damit begnügte, die von der öffentlichen Meinung für schuldig Erklärten, welche die Schreibstube entweder mit Verletzung des Gesetzes oder weil die Gesetze nicht auf den Schuldigen Anwendung litten, mit Strafen verschonte, wenigstens öffentlich als Uebelthäter zu brandmarken. Doch soll es früher üblich gewesen sein, die Betreffenden, besonders wenn sie au Feldmarken gefrevelt oder Wucher getrieben, durch