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Das Handwerk im Alterthume. 1.
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laßte den gerechten Aristides, die reine Demokratie zu vollenden, das heiß^ auch diejenigen Schränken aufzuheben, welche die unterste Schätzungsclasse der Thctcn vvn den Siaatsümtern bisher ausgeschlossen hatten. Die Maßregel war gerecht, allein sie war, wenn wir nicht irren, der Anfang großen Unrechts und herben Verhängnisses für Athen und Hellas. Hätte Aristides ahnen kön­nen, welche Folgen sein Gesetz haben muhte, wir glauben, er würde minder gerecht gewesen sein.

Der unbemittelte Bürger konnte seine Thätigkeit nicht zugleich dem Staate und seinem Gewerbe widmen; überhaupt würde die geringe Zahl athenischer Vollbürgcr wol schwerlich vermocht haben, ihre Stellung den Spartanern gegenüber zu behaupten, wenn sie ihrem demokratischen Staatswesen nicht hätte eine Unterlage geben können, ähnlich derjenigen, worauf die aristokra­tische Großmacht des Peloponnes beruhte. Diese Grundlage ward ermög­licht durch dic Einfuhr von Sklaven, hauptsächlich aus Lydicn, Phrygien und den übrigen Provinzen Kleinasiens, sowie aus Thracien und den skythischen Gegenden. Auf den Sklavenmärkten in Chios, Delos und Byzcmz wurden sie in großer Anzahl aufgekauft und von nun an allgemein zur Betreibung bauauscr Verrichtungen verwendet, deren sich die athenischen Bürger mehr und mehr entwöhnten und zu schämen anfingen.

Diese Verhältnisse mögen sich im Laufe der nächsten Jahrzehnte, nach­dem der Antrag des Aristides durchgegangen war, ausgebildet haben; bis zum Anfange des pcloponnesischen Krieges, wo sich zucrst nachtheilige Folgen zeigten, waren sie vollständig entwickelt. Die Zahl der attischen Sklaven, die zur Zeit des Dcmetrius Phalcrens 400000 betrug, wird sich um das Jahr i30 v. Chr. etwa aus 360000 belaufen haben, während die Zahl freier athe­nischer Bürger, dic 120 Jahre später zu 21000 angegeben wird, damals nicht wohl 15 bis 16000 überstiegen, haben kann. Das Verhältniß der freien zur Stiavenbevölkernng war also wie 1 zu 5. Außerdem lebten in Attika und zwar wol hauptsächlich zu Athen etwa ,10000 Familien Schutzvcrwandter. Wir könnten geneigt sein, in diesen Angaben Zahlenfehler zu vermuthen, wenn sie nicht durch sichre Zeugnisse geschützt wären. Freilich klingt es fast un­glaublich, wenn berichtet wird, in Korinth seien 460000. auf der kleinen In­sel Aegina 470000, auf Chios eine noch größere Anzahl von Sklaven ge­wesen. In Athen gab es wol schwerlich irgend ein so armes Bürgerhaus, welches gar keine Sklaven besessen hätte; reiche Leute aber hatten bisweilen mehrere Hunderte. Nikins allein beschäftigte ihrer Taufend in den Bergwer­ken und die Bewohner von Elatca in Phvtis beklagten sich, daß ihr Fürst Mnason, der Freund und Schüler des Aristoteles, tausend Handwerkssklaven unterhalte und dadurch eben so vielen armen Bürgern die Nahrung entziehe.

Wir haben ausführlich bei der Darstellung dieser Zustände verweilt, um