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kcn der Revolution und alle Gefahren eines auswärtigen Krieges über sich crgehn zu lassen, als die Wiederherstellung des Fcudalstaatcs zu dulden. Die politische Unfähigkeit dieser Partei kam nur ihrer Unfittlichkeit gleich.
Die demokratische Partei ging von vornherein von der Idee aus, alle Menschen gleich zu machen; sie stützte sich auf die Proletarier und hielt diese dadurch fest, daß sie Frankreich zu ihren Gunsten ausbeutete, d. h. daß sie factisch wenn auch nicht nominell den Comnunismus einführte, in einem Maß, wie es später nicht einmal mehr versucht worden ist. Der Zwang gegen die Bauern und Handwerker, die Lebensrnittel unter dem Preise zu verkaufen und ein werthloscs Papiergeld als vollgültig anzunehmen, konnte nur dadurch durchgeführt werden, daß man jede Weigerung mit dem Tode bestrafte; und da der Schrecken, um nicht seine Wirkung zu verlieren, sich nothwendig immer steigern muß, so war zuletzt Niemand seines Lebens sicher, auch die Spießgesellen Robcspierrcs nicht, sie stürzten ihn daher und mit ihm, sehr gegen ihren Willen, ihr eignes System. Die Demokratie hinterließ nichts weiter, als die Maschinen des Despotismus, deren sich dann Napoleon bediente.
Den wohlmeinenden Männern in der Mitte fehlte als Führer eine schöpferische Kraft, die das nothwendige Werk der Zerstörung durch einen Neubau zu ergänzen im Stande war. Sybcl glaubte eine solche Kraft in Mirabccm zu sehn; die Frage mag uncrvrtert bleiben, da die Probe nicht vollständig gemacht ist. Die vollständige Probe, daß man eine Situation beherrschen kann, besteht unter andcrm auch darin, daß man sie wirklich beherrscht. Die andern Wohlmeinenden begingen den Fehler, der sich in solchen Fällen immer wiederholt: statt aus allen Kräften die Regierung, so gut oder so schlecht sie war, zu stützen, als den einzigen Haltpnnkt für die Fortdauer des Staats, bereiteten sie ihr noch größere Schwierigkeiten als in der Natur der Sache lagen, sahen ihren Untergang mit an und fügten sich dem Schre- ctcnssystcm, um dann, nachdem dasselbe, nicht durch sic, gestürzt war, wie immer, wieder die Basis des neuen Staats zu bilden. Die Classe ist nicht von der Art, Begeisterung oder auch nur große Achtung zu erregen, aber ohne sie würde es mit dem Fortgang der Geschickte bald zu Ende sein. Die Revolutionen brausen über sie hinweg wie ein wildes Unwetter, das doch nur vorübergehenden Schaden anrichtet, sobald der Boden gesund ist.
Ein viel wichtigerer Fortschritt für die Einsicht in jene Geschichte ist die Beleuchtung, welche Sybel der deutschen, namentlich der preußischen Politik cmgcdeihen läßt. Seit der Zeit, daß das Gefühl des gemeinsamen Drucks eine wirklich deutsche Nation erzeugt hatte, Pflegte man den Frieden von Basel als einen Verrath an der deutschen Nation zu brandmarken, ohne zu erwägen, daß nur dasjenige verrathen werden kann, was wirklich cxistirt. Am wenigsten hatte, wie Sybcl schlagend nachweist, Oestreich Grund sich zu beklagcn: Oestreich, das drei Monate vor Abschluß des Baseler Friedens, um Preußens Vergrößerung an der Weichsel zu hindern, ein Schutz- und Trutzbündniß mit Nußland gegen Preußen eingegangen war; Oestreich, das in lichtscheuen Unterhandlungen mit der französischen Republik begriffen, Deutschland nur ausbeutete, um seine italienischen Besitzungen zu sichern, und das, geleitet von dem bösartigsten aller Politiker, von Thu gut, keinen Augenblick Anstand genommen hätte, seinem Hauptzweck, der Schwächung Preußens, alle Rücksichten und