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Baden und Teplitze.
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reinen Tisch zu inachen. Das Wort Schwarzenbergs gegen Nußland käme wieder in Anwendung.

Wol gäbe es ein Mittel der Verständigung zwischen Oestreich und Preu­ßen, ein Mittel für beide Staaten gleich nützlich und in der Natur der Sache begründet. Seit einer Reihe von Jahren sind beide Staaten beständig dar­auf hingewiesen, aber diese Politik, nach welcher Oestreich sich aufrichtig be­mühte, Preußen die Stellung in Deutschland zu überlassen, die durch Ge­schichte und Sachlage gleichmäßig ihm vorgezeichnet wird, und dafür seine Unterstützung gegen den Osten zu erwerben, eine solche Politik läßt sich nicht extemporircn. Der Kaiser mag mit dem offensten Willen von der Welt dem alten Nebenbuhler die Hand bieten, er kann geschehene Dinge nicht unge- schchn machen. Seit Iahren arbeitet Oestreich in Deutschland der preu­ßischen Politik feindselig entgegen; wenn es nun plötzlich umkehrte, so würde es damit die Nachwirkung seiner alten Action nicht aufheben. Wo Preußen in Deutschland ein Nachtheil zugefügt ist, knüpft sich der Name Oestreichs daran: in Schleswig-Holstein, in Kurhessen, im deutschen Bunde, in Bregenz, Vielleicht könnte Oestreich sich allmälig aus diesen Positionen ziehn, aber es kann unmöglich mit einem Male umkehren. Es ist moralisch und physisch unmöglich. Oestreich kann Preußen im gegenwärtigen Augenblick nichts an­deres bieten, als wozu es ohnehin verpflichtet ist: Garantie des Bundes­gebiets.

Aber Oestreich kann Preußen schaden. Es kann unter Umständen von Frankreich die Garantie für Venedig, vielleicht noch mehr erlangen, und ihm dafür behilflich sein, die Nheinprovinz zu gewinnen. Kinglake's Mährchen kann unter Umständen eine Wahrheit werden. Vielleicht wäre es eine Even­tualität, die einem kühn aufstrebenden Preußen die günstigste Aussicht verschaffte. Aber für eine verwegene und doch immer zweifelhafte Politik sind wir Deutsche nicht gemacht, und es ist auch gut so. Jener Umstand muß also in Rechnung gebracht und wie es einem besonnenen Staate ziemt, Vortheil und Gefahr gehörig abgemessen werden. In der Erregung des Moments läßt sich das schwer abmachen, und unsre Hoffnung ruht daher darin, daß die Zu­sammenkunft in Teplitz vorläufig zu nichts weiter führen wird, als die un­nützen und thörigten MißHelligkeiten zu beseitigen, die bisher die Beziehungen der beiden Staaten verwirrt haben, und das Weitere dem ruhigen Wege der Diplomatie zu überlassen. Preußen hat in Baden offen und entschieden gezeigt, daß es in Deutschland nicht piemontesische Politik zu treiben gedenkt, es ist jetzt an Oestreich, die alten Beleidigungen gegen Preußen zurückzunehmen und den a!ten, handgreiflichen Beschwerden abzuhelfen. Dazu und nur dazu ist eine persön­liche Zusammenkunft der beiden Herrscher das beste Mittel; das Weitere muß auf dem gewöhnlichen Wege geschehn.