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machcr. ein Bücker, ein Krümer u. s. f. sei, «der unter mancherlei Beschränkungen, so daß z. B. der Krämer keine Schnitt-, keine Kurzwaarcn. keine Ge- trünke führen darf; eine größere Anzahl als je einer darf sich nur auf Grund besonderer Rcgicrungsbewilligung niederlassen. Die Landhandwerker dürfen außer ihren Söhnen keine Lehrlinge annehmen, die Verwaltungsbehörden können Gewerbsentziehungen als Straft verhüngen u. a.
In Bayern (mit Ausnahme der Pfalz, wo aus der Zeit der Bereinigung mit Frankreich die Gewcrbefreiheit geblieben ist) ist die Stellung der Gewerb- trcibendcu noch beschrankter. Hier hat sich neben das Zunftwesen das System der sogenannten „Realrechte" gestellt. Zu Aufang des 19. Jahrhunderts suchte man mit diesem Zustaud zu breche», aber nicht durch Einführung der Gewcrbefreiheit, sondern indem man den Gewerbetricb vom Ermessen der Behörden abhängig machte und Concessionen in großer Anzahl verlieh. Eine Verordnung vom Jahr 1811 vcrliüngte ein „Sperren der Gewerbe." Neue Concessionen sollten nur ausnahmsweise, „in Fällen des evidentesten Bedürfnisses" ertheilt werden, und es ward den betheiligten Meistern wieder eine Einwirkung gestaltet. Dagegen steigerte das Jahr 1825 das Concessionswesen wieder auf den Gipfelpunkt, der Nahrungsstand sollte dabei berücksichtigt, Nachweis der Befähigung verlangt werden. Da man die Unteilbarkeit der Güter beibehielt, so sah sich ein großer Theil der sonst auf den Ackerbau angewiesenen Bevölkerung künstlich dem Handwerkerstand zugedrängt. Dazu Unkcnntniß und folglich Mißgriffe der durch Schreibcreien ans dieser Veranlassung fast erdrückten Beamten. Die allgemeinen Klagen führten 1834 zn einer Bewrdnnng. welche den Nahrungsstand der vorhandenen Meister noch mehr zu beachten gebot. In den vierziger Jahren folgten Vorschriften über das Privilegienwesen und über die Meisterprüfungen. 1848 wurde der Versuch gemacht, Gcwerbe- räthe als Vereiuigungspunkte der verschiedenen Innungen ins Leben treten zu lassen, aber ohne Erfolg. 1850 wiederholt, mißlang derselbe abermals. 1853 erging wieder eine Verordnung zur Regelung des Gewerbswesens. die aber nichts anderes als eine neue Vollzugsinstruction des Gesetzes von 1825 war und ebenso wenig wie dieses Abhilfe schaffte. Die Folgen hiervon liegen auf der Hand. Bei consequenter Durchführung des Princips der Gewcrbefreiheit drängt sich die Bevölkerung nicht in dem Maß als bei dem bureaukratischen Concessionsmescn auf unnatürliche Weise zu den Gewerben. 1840 kamen in der Pfalz je hundert Gewerbtreibende auf 1687, in den sieben alten Kreisen Bayerns dagegen hundert auf 1660 Einwohner. 1847 zählte man in Bayern einen Handwerker aus 14 Einwohner; in Prenßen dagegen, wo Gewerbefreiheit besteht, kommt erst einer auf 17, und dcnnoch ist die Gewerbsproduction hier eine weit höhere als dort. Nach Hermann hat die gewerbtreibende Bevölkerung Vayerns von 1840 bis 1852 um mehr als sievzigtauscnd Köpfe oder
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