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Ungedruckte Briefe v. Stägemanns.
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Herzliches Lebcwvhl und die besten Wünsche für Ihre baldige, gänzliche Genesung. v. Stägemann.

Deutsche Dorsgerichte vor hundert Jahren.

Wie sich in zahlreichen andern Beziehungen Einrichtungen und Gewohn­heiten des Mittelalters im Leben des Landvolks neben denen der neuern Zeit fort erhielten, so auch im Brauch der Gerichte und der Gemeindeversammlungen auf dem platten Lande. Bekannt ist, daß in verschiedenen Gegenden Deutsch­lands bis auf die letzten Jahre neben rechtsgelehrten Richtern Bauern die Functionen von Gerichtsbeisitzern ausübten. Weniger bekannt wol, daß in sächsischen Dörfern noch jetzt durch Herumsendung eines hölzernen Hammers von Gehöft zu Gehöft zur Gemeine eingeladen wird, und daß dieser Hammer ein Verwandter der vornehmernmu,ee", die dem Sprecher im britischen Par­lament vorgetragen wird, und ein Nachkomme des Hammers Donars ist. der den Gerichten der germanischen Urzeit präsidirte. Verschiedene andere interessante Züge dieser Art führt Zöpfl in seineu soeben erschienenenAlterthümern des deutschen Reichs und Rechts" an, einem Werke, welches wir hiermit namentlich den Juristen unter unsern Lesern als eine werthvolle Ergänzung der deutschen Nechtsgeschichte des Verfassers empfehlend)

Indem wir versuchen, aus Grundlage der Seite 306 bis 321 mitgetheilten Urkunden ein Bild von der Art und Weise zu entwerfen, in welcher man in einzelnen süddeutschen Orten »och in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhun­derts Gericht hielt, bemerken wir zum Verständniß, daß die drei einleitenden Fragen, mit denen der Vorsitzende die Verhandlungen zu eröffnen pflegte, bis in das höchste Alterthum hinauf reichen, daß die Hauprgerichtszeiten, Walpurgis und Martini, daß ferner das Bedanken des Richters für die ihm von den Schöppen gewordene Antwort (das Urtheil) der Gebrauch, nach welchem sich die Parteien Fürsprecher aus der Zahl der zwölf Gerichtsbeisitzer erbaten, die Sitte, welcher zufolge die Schöppen nach dem Schluß der Verhandlung abtra­ten, um ohne Beisein des Nichters das Urtheil abzufassen und es, ohne daß dieser vorher Einsicht davon genommen Hütte, nach der Wiederkehr in das

") Der vollständige Titel des Buches, von dem uns der erste Band vorliegt, heißt! Al­terthümer des deutschen Reichs und Rechts. Studien, Kritiken und Urkunden zur Erläuterung der deutschen Rechtsgeschichte und des praktischen Rechts von Dr. Heinrich Zöpfl. Leipzig und Heidelberg, C. F. Wintersche Vcrlagshandlung, 1860.