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Ungedruckte Briefe v. Stägemanns.
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Behüte Sie der Himmel, liebster Benzenbcrg. und bewahren Sie nur ein freundschaftliches Andenken.

v. Stägemann.

16.

Berlin, den 18. Febr. 1823.

Ihren freundschaftlichen Brief vom 1. d, M. erhielt ich heute durch die fahrende Post, als ich eben im Begriff stand. Ihnen auf das Schreiben vom 18. Dec. v. I. einige Zeilen, die späte Beantwortung entschuldigend, mit der heutigen Post zu schreiben.

Ueber die Lage Ihrer Entschädigungsangclegenheit sind Sie also durch den Herrn Oberprnsidcnt v. Vincke, mit dem ich verschiedenemal über selbige gesprochen, unterrichtet. Indeß ist Herr v. Boß wirklich auch gestorben und da­durch freilich neuer Aufenthalt entstanden. Noch ist unentschieden, was nun werden wird und ich bin vors erste in volle Jnactivität gerathen, die Arbei­ten im Staatsrath abgerechnet: der Himmel wird weiter sorgen.

Ihre standhafte Behauptung der Fonkschen Unschuld muß Ihnen noth­wendig irgend eine Krone erwerben. Wird es nicht eine Mauerkrone werden, in der Sie die von den Rheinländern unüberwindlich geachtete Festung der Jury erobern? Unserm guten Herrn v. Kamptz würde das Werk nicht gelungen sein. Es ist sehr gut. daß Sie an Albrecht in solcher Art geschrieben und ihm den Brief von Feuerbach überschickt haben.

Der Bericht des Nevisions- und Cassationshoses ist vor etwa vier Wochen endlich erstattet, doch glaube ich kaum, daß der Herr Iustizminister auch seiner­seits schon an den König berichtet hat. Ihre Meinung rücksichtlich auf den Minister ist ganz die meinige; auch halte ich dafür, daß er sich nicht mit gründlicher Einsicht hinreichend würdig umgeben habe.

An einen Krieg zwischen Frankreich und Spanien glaube ich nicht eher, als bis eine französische Armee in Spanien sein wird, obwol Talleyrand versichert, die Bourbons hätten eine so glückliche Hand, daß sie. wenn man 99 Wahrheiten und einen Irrthum in einen Sack thäte und tüchtig um- schüttelte, jederzeit den Irrthum herausgreifen würden. Indeß ist freilich sehr böse, daß sich die Regierung Ludwigs des Achtzehnten zu solchen ernsten Schritten verleiten läßt, die ihr. wenn nichts geschieht, ein unausbleibliches Ridikule geben. Ich hege die betrübte Besorgniß. daß. wenn der Krieg aus­bucht, das linke Rheinufer binnen Kurzem ein Kriegstheater sein werde.

Herr v. Kamptz hat eine völkerrechtliche Erörterung des Rechts der euro- Päischen Mächte, in die Verfassung eines einzelnen Staates sich zu mischen, drucken lassen. Für den Frieden der Welt und zur Belehrung der Regierungen wäre es nützlicher, historisch zu untersuchen: wann, wo und unter welchen Um­ständen solche Einmischung geschehen und welchen Erfolg sie gehabt habe.

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