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drückt ist, als die andere, die aus den Leibeigenen der Privatleute besteht. Die letzteren dürfen sich ohne Erlaubniß ihrer Herren nicht verheirathen, kein Eigenthum erwerben, keinen Handel treiben, sie können geprügelt und unter die Soldaten gesteckt werden. Aber diese Rechte werden selten ausgeübt, weil, abgesehen von billig denkenden menschlichen Gutsbesitzern, deren es- viele gibt, schon das Interesse die Herren nöthigt, ihre Sklaven gut zu behandeln und ihr Wohlergehen zu fördern. Ganz anders verhält esj sich mit den Kranbauern und deren Verhältniß zu den Beamten, deren Interesse mit dem der Bauern nicht zusammenfüllt, deren Interesse vielmehr auf Aussaugung des Volkes hinweist. Die Kronbauern haben allerdings in ihren Gemeinden eine sogenannte Wahlverwaltung, aber dieselbe ist eine bloße Form, da die Beamten das Recht besitzen, die Individuen, die ihnen zusagen, nach Ablauf ihres Mandats auf ihrem Posten zu belassen. Auf diese Weise bestiehlt ein solcher zum Gemeindebeamten erwählter Bauer seine Untergebenen und erkauft sich mit einem Theil des Raubes die Gunst der Beamten, die, wenn er ihre Habgier nicht befriedigen wollte, bei seiner Unwissenheit (diese Leute können fast ohne Ausnahme weder lesen noch schreiben) sofort Mittel finden würden, ihn wegen Ueberschreitung gesetzlicher Formalitäten abzusetzen und vor Gericht zu stellen.
Daß ein Bauer bei höhern Behörden Klage führte über Willkürhandlungen der Beamten, ist unerhört. Er hat die Mittel nicht dazu, und wenn er sie hätte, würde er wissen, daß er sich zwar für den Augenblick vielleicht Recht verschaffen könnte, aber sich dadurch eine um so trübere Zukunft bereiten würde, und so senkt er schweigend das Haupt. Man sollte, sagt der Verfasser, so rasch als thunlich die Leibeigenen vom Joch der Grundhcrren befreien, aber man sollte zu gleicher Zeit dem Kronbauer das Joch der Beamtenwirthschaft abnehmen.
Und wie in den untern Sphären verhält es sich in den obern. In den Provinzen sind alle Gewalten in den Händen der Gouverneure concentrirt. Haben diese keine Verbindungen von Bedeutung in Petersburg, so müssen sie ihre Gewaltthätigkeiten und Erpressungen möglichst im Dunkeln zu halten suchen. Haben sie solche Verbindungen, so können sie offen zeigen, was sie von den Gesetzen halten. Ein zum Gouverneur ernannter Divisionsgencral nahm in offner Sitzung der Provinzialregierung den Band des Gesetzbuchs, in welchem ihm einer der Räthe den Artikel aufgewiesen, den er mit einer Maßregel zu verletzen im Begriff war, legte ihn auf sein Fauteuil, setzte sich darauf und sagte: „Nun denn, wo ist jetzt Ihr Gesetz!" Der Mann wurde ins Narrenhaus geschickt? Keineswegs, man machte ihn zum Senator und er sitzt noch heute in diesem Senat, der die officielle Mission hat, die Beobachtung der Gesetze zu überwachen.