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Der Fürst Staatskanzler hat mir seit einiger Zeit durch die Edikte und durch den Aufsatz des Herrn von Gentz, den ich in extenso aufzunehmen veranlaßt wurde, den Raum verringert, wie Sie werden bemerkt haben.
Ich habe mich schon von der Aufsicht auf die Staatszeitung lossagen wollen, der Fürst hat mich aber noch zur Zeit mit meinem Antrage zurückgewiesen. Indeß kann doch, wie die Sachen jetzt liegen, daraus nichts werden.
Bei Gelegenheit Ihres Aufsatzes über JüUch und Berg kam Albrecht auf Veranlassung Seiner Majestät z» mir; es waren dem Könige einige Ausdrücke über die Repräsentation und Constitutiou, als nicht ganz geeignet, aufgesallen. doch konnten einige Stellen nicht näher bezeichnet werden und die Sache ist so verblieben.
Neber den Aufsatz wegen Westphalen ist Herr D.-Dechant von Spiegel außer sich, wie mir K vor einigen Tagen erzählte. Zu mir selbst ist er seitdem noch nicht gekommen.
Was sagen Sie zu Boß wider Ttolberg? es ist freilich viel Gcklatsch und Weibcrgeträtsch, auch sagt Nicolovius, daß das Meiste nicht wahr sei, aber in der Hauptsache scheint doch der Nagel auf den Kopf getroffen. Der Katholicismus macht mich weiter nicht bange, wenn auch unsre Prinzen die Zwillingsschwestern von Baiern heirathen, wie wahrscheinlich, und wenn die Prinzessinnen auch katholisch bleiben sollten, wie doch nicht wahrscheinlich.
Leben Sie wohl und behalten Sie mich in wohlwollender Erinnerung.
v. Stägemcmn.
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Berlin den 21. Dec. 1819.
Noch bis zum Empfang Ihres Molitorschen Büchlein's habe ich geglaubt, daß Sie uns besuchen würden. Verehrtester Freund. Nachdem habe ich die Hoffnung zwar aufgegeben, aber Ihnen nicht geschrieben, weil ich verdrießlich gewesen bin, vielleicht noch bin. Es ist recht gut zu wissen, daß nicht alle Blüthenträume reifen, deshalb kann man sich doch darüber ärgern. Auch Graf Stolberg ist im Aerger gestorben, und sogar der Satyrikus Friedrich soll vor Aerger in die Elbe gesprungen sein.
Ihren Cassationsprozeß haben Sie verloren, wie Sie schon wissen werden. Ich bin nicht im Stande den sophistischen Beweisgründen des Revisionshofes zu folgen. Unsre preußischen Juristen sind andrer Meinung. Aber das französische Recht soll es anders bestimmen, als die gesunde Vernunft.
Der Kriegsminister und General Grollmann haben ihren Abschied gefordert und erhalten. Man sagt wegen der Landwehr, der eine Reform ihres vermuthlich demokratisch erfundenen Princips bevorstehen soll. Das demokratische Princip ist darin gewiß vorherrschend, aber hat jemals ein aristokratisches Princip die monarchischen Principien anderswohin geführt, als zum
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